Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

RAIDING/ Liszt-Festival: UNGARISCHE RHAPSODIEN

Liszt im Originalklang

18.03.2018 | Konzert/Liederabende

Bildergebnis für liszt festival raiding

LISZTFESTIVAL RAIDING, 18. März 2018

Ungarische Rhapsodien – Liszt im Originalklang

Seit der Errichtung des Veranstaltungszentrums im burgenländischen Raiding hat sich im Geburtsort von Franz Liszt das gleichnamige Festival solide etabliert. Unter der Ägide von Johannes und Eduard Kutrowatz gibt es jeweils im März, Juni und Oktober Konzerte rund um den „genius loci“. Beim heurigen „Frühlingstermin“ standen auch Orchesterwerke von Liszt auf dem Programm. In der Sonntagsmatinee spielte nämlich das Orchester Wiener Akademie unter seinem Leiter Martin Haselböck drei der sechs ungarischen Rhapsodien. Umrahmt wurden die Publikumshits vom einleitenden Ungarischen Sturmmarsch, der Anfang der 1840er Jahre ursprünglich als Klavierstück entstanden ist. Im Gegensatz zu Liszts Weimarer Gelegenheits-Festmärschen ist er aber „anlassfrei“ komponiert worden. Unschwer erkennt man, dass der berühmte Schubertsche Militärmarsch für Klavier zu vier Händen diesem Werk Pate gestanden hat.

Bildergebnis für liszt festival raiding
Copyright: Lisztfestival/Günther Pint

Als regelrechte „Hitparade“ kann man die sechs Ungarischen Rhapsodien bezeichnen, die der Maestro für eine Orchestrierung als würdig erachtete, insgesamt schrieb er ja nicht weniger als 19 Rhapsodien für Klavier. Ein wenig verwirrend die Bezeichnung und die Tonarten der Orchesterwerke, da sie andere Bezifferungen erhielten als die Klavierausgaben und auch Transponierungen vorgenommen wurden. Die Bearbeitungen erfolgten in erster Linie durch den von Liszt beauftragten Flötenvirtuosen Franz Doppler, weshalb auf den Titelblättern zu lesen ist „Franz Liszts ungarische Rhapsodien für grosses Orchester bearbeitet vom Componisten und F. Doppler“. Das mit dem großen Orchester stimmte auch bei diesem Konzert, die Besetzungsstärke von rund 50 Musikern war auch damals üblich. Der 2006 erbaute Konzertsaal schien zu Beginn des Festivals nicht geeignet und zu klein für Orchesteraufführungen, aber Haselböck bewies dann mit seiner Wiener Akademie das Gegenteil. Die Originalinstrumente klingen absolut phänomenal und der Dirigent erlaubte sich auch die einleitende Bemerkung, dass der Konzertsaal von Weimar um ein Drittel kleiner war als jener in Raiding ist.


Martin Haselböck. Copyright: Meinrad Hofer

Aufgeführt wurden die 3., 4. und als besonderer Höhepunkt die 6. Ungarische Rhapsodie, auch als „Pesther Carneval“ bezeichnet, sowie abschließend die Symphonische Dichtung Nr. 9 „Hungaria“. Bei allen Stücken fiel die ungewohnte Klangfärbung auf, die der Einsatz der originalen Blechbläserinstrumente mit sich brachte. Und Haselböck arbeitete selbst bei solchen „Reisserstücken“ die differenzierte Instrumentierung heraus und bewies, dass der Wert dieser Kompositionen weit über den von „Konfektionsware“ hinausgeht. Fantastische Sololeistungen der geforderten Musiker begeisterten sowohl das lokale als auch das angereiste Publikum.


Orchester Wiener Akademie. Copyright: Stephan Polzer

Bei dieser musikalischen Wärme für Herz und Seele vergaß man auch bald die verschneite und eiskalte Morgenfahrt aus dem 100 km entfernten Wien: Was will man mehr! Den Gebrüdern Kutrowatz ist zu ihrer interessanten Programmierung des Festivals uneingeschränkt zu gratulieren (das zwei Tage zuvor angesetzte Konzert mit Boris Bloch am historischen Erard-Flügel konnte ich leider nicht besuchen).

Ernst Kopica

MERKEROnline

 

Diese Seite drucken