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PÜRBACH/ Wald4tler Hoftheater: DER BLUNZENKÖNIG

22.05.2021 | Theater

Wald4tler Hoftheater (22.5.2021):

„DER BLUNZENKÖNIG“ – eine berührende Sozialstudie über menschlichen Verfall und den Generationenkonflikt 

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Gerhard Ernst, Erika Deutinger. Foto: Wald4tler Hoftheater

Eine Blumenwiese vor dem Eingangstor zum Wald4tler Hoftheater lädt zum tiefen Einatmen ein. Ein ebenerdiges altes Landhaus, ein geräumiger ansteigender Theatersaal, eine weitläufige Gaststätte und frisches Grün im Innenhof: Auch hier in Pürbach, ganz nahe Schrems, darf wieder von Mai bis August Theater in langjähriger Manier gespielt werden. Ein großes Plakat mit dicker Aufschrift und dem auffälligen Porträt von Gerhard Ernst, der aufmüpfig polternden Fledermaus-Frosch in der Volksoper wie der deftige Fleischermeister Hofstätter in der TV-Werbung, wirbt für die heurige Einstands-Premiere. Nicht unvergänglicher Nestroy sondern „Der Blunzenkönig“ ist jetzt zu sehen. Dieser Titel verspricht urigen Spaß, aber …. weit weg von einer Komödie, eine sehr berührende Sozialstudie ist zu erleben.

Christoph Frühwirths „Blunzenkönig“ in der Schauspielfassung ist wohl kaum als ein so richtiges Stück zu bezeichnen. Zumeist relativ kurze Auftritte reihen sich aneinander. Manchmal ganz knapp und prägnant pointierend, dann zu nachdenklichem Sinnieren auffordernd. Ursprünglich als Hörbuch geschrieben, hierauf mit Karl Merkatz verfilmt, nun vom Autor zu einer Szenenfolge mit Blickpunkt auf den körperlichen wie geistigen Verfall eines Menschen reduziert. Dies ist im Wald4tler Hoftheater ganz auf Gerhard Ernst zugeschnitten. Dessen Darstellung trifft genau die von Frühwirth – hier auch der Regisseur – angestrebte Aussage: das Aufzeigen existenzieller Nöte.

Er ist kein Strahlemann, dieser Franz König, der einfache, doch gar nicht so einfach gestrickte Blunzenwirt. Schon am Beginn wirkt er bereits gezeichnet, doch noch laut aufschreiend, auflachend, aufbrausend, ungut grantelnd fordernd von seiner Partnerin (Erika Deutinger: eine echt positive Seele). Die Auseinandersetzungen mit seinem Sohn (Stefan Rager) und dessen auf esotherischer Welle segelnder Gattin (Ildiko Babos) führen zu einem Schlaganfall. Sein heruntergekommenes altes Gasthaus „Zum Blunzenkönig“ kann er nicht mehr weiter führen, die Jungen sollen übernehmen. Doch diese …. es ist nun eine andere Zeit gekommen. Nicht nach Blunzen wird mehr gefragt, sondern in einer Bio-Körndl-Station soll für gesundes Essen gesorgt werden. Der menschliche Niedergang des Blunzenkönigs wird gezeigt: Sprachbehinderung, diverse Komplikationen, Demenz setzt verstärkt ein und macht aus dem früheren Kraftlackl eine hilflose Figur. Dazu in den Sequenzen: die Versuche wieder hoch zu kommen, erneut Sprechen zu lernen, Musik als aufbauendes Mittel, die Bemühungen eines jungen helfen wollenden Betreuers (Simon Frühwirth, dezent gezeichnet, für eine bemühte heutige Generation stehend). Doch gegen dieses Dahinschwinden ist nicht anzukämpfen: Ernst lässt die Tragödie spüren, vermag in die seelischen Tiefen und Leere eines kaputten Menschen hineinblicken zu lassen. Im Finale erreicht die Aussage die berührende Reinheit eines feinen Kammerspiels.

Meinhard Rüdenauer

Das Waldviertler Hoftheater, das nördlichste Theater Österreichs, existiert seit über 20 Jahren in Niederösterreich, nahe der Grenze zu Tschechien. Ein alter Bürgermeisterhof in Pürbach, einem Ort nahe bei Schrems im Waldviertel, wurde zu diesem Zweck in ein Theater umgebaut. Wikipedia
Adresse: Pürbach 14, 3944

 

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