Bedřich Smetana: Libuše • Národní divadlo Praha • Vorstellung: 28.10.2023
(18. Vorstellung • Premiere am 14.09.2018)
Eine höchst klassische, absolut werkdienliche Umsetzung
Der Nationalfeiertag gehört zu jenen seltenen Gelegenheiten, an denen im Nationaltheater Prag Smetanas «Libuše» zu erleben ist. Das Werk entstand als Fest-Oper zur Krönung von Kaiser Franz Josef I. zum König von Böhmen, die dann nicht stattfand, und gewann schliesslich den Wettbewerb für das Eröffnungswerk des neuen Nationaltheaters.
Foto © Národní divadlo Praha
Das «festliche Singspiel in 3 Abteilungen» wurde mit der Eröffnung des Nationaltheaters am 11.06.1881 uraufgeführt. Aufgeführt wurde es auch zur zweiten Eröffnung des Nationaltheaters am 18.10.1883 und zum Abschluss der Renovierungsarbeiten 1984. Neben den Aufführungen an Neujahr und zum Gedenken an das Kriegsende (8. Mai), wurde das Werk 1966 zur Eröffnung der neuen Brünner Oper und 1989 anlässlich der Wahl Václav Havels zum Staatspräsidenten gespielt.
Wichtigste Grundlage des Librettos und der patriotischen Handlung ist die «Grünberger Handschrift», Fragmente von Gedichten in alttschechischer Sprache aus dem 8. oder 9. Jahrhundert, die 1817 von Josef Kovář auf Schloss Grünberg bei Nepomuk entdeckt und anonym Graf Franz Anton von Kolowrat-Liebsteinsky für das eben von ihm gegründete Nationalmuseum zugespielt wurden. Schon früh wurde die Echtheit der Handschrift angezweifelt und die Fälschung dann von unter anderem Tomáš Garrigue Masaryk nachgewiesen: Um 1815 hatten vermutlich Václav Hanka und Josef Linda und Josef Linda das Textkorpus verfasst.
Das in Deutsch verfasste Libretto zum festlichen Singspiel stammt von Josef Wenzig. Die Übersetzung ins Tschechische besorgte Ervin Špindler. Aus der Quelle übernahm Wenzig die Geschichte vom Erbstreit der beiden Brüder und Libušes Urteil, von ihrer Hochzeit mit Přemysl und von ihren Visionen. Die komplizierte Liebesgeschichte um Chrudoš und Krasava erfand Wenzig hinzu.
Regisseur Jan Burian weiss um die Besonderheiten des Stückes und inszeniert eng am Libretto. Der immer wieder vorhandene Bilderrahmen verweist darauf, dass es um Geschichte geht. Die Personenführung mit Laufbändern unterstützt diesen Eindruck. Die Treppe über die ganze Breite der Bühne ermöglicht das wirkungsvolle Arrangement der Tableaus (Bühne und Licht: Daniel Dvořák). Die eher konservativen Kostüme Kateřina Štefkovás bedienen diskret klassische Mittelalter-Klischees. Eine höchst klassische, absolut werkdienliche Umsetzung, die das Repräsentative des an eine Grand Opéra erinnernde festliche Singspiels gut herausarbeitet.
Robert Jindra hat das musikalische Geschehen stets im Griff und arbeitet die Polarität des Werkes gut heraus. Das Orchestr Národního divadla folgt ihm dabei stets aufmerksam und inspiriert. Chorleiter Pavel Vaněk hat die Chöre (Sbor Národního divadla, Kühnův smíšený sbor, Vysokoškolský umělecký soubor UK)
Dana Burešova gibt die Libuše mit vollem, tendenziell zu breitem Sopran. Svatopluk Sem gibt mit jugendlich frischem Bariton einen würdigen Přemysl ze Stadic. Martin Bárta interpretiert den Chrudoš od Otavy bei seinem Rollendebut noch zurückhaltend. Jarolslav Březina gibt den Šťáhlav na Radbuze ähnlich diskret. Pavel Švingr ist ein Lutobor z Dobroslavského Chlumce mit grosser Bühnenpräsenz, Tamara Mozorová eine verführerische Krasava. Jiri Brückler als Radovan od Kamena Mosta, Katerina Jalovcová als Radmila und Eva Esterková, Lucie Hájková, Yvona Škvárová und Vít Šantora als vier Schnitter.
Eine höchst klassische, absolut werkdienliche Umsetzung.
Weitere Aufführungen: 18.11.2023, 01.01.2024, 03.03.2024.
03.11.2023, Jan Krobot/Zürich