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POTZNEUSIEDL: AUS ZWEI WELTEN – Konzert der „G.F.Händel-Gesellschaft“ mit Arno Raunig, Katharina Cortesi und Ayako Ono

29.08.2016 | Konzert/Liederabende

Potzneusiedl: „AUS ZWEI WELTEN“28.8.2016

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Arno Raunig. Foto: Website Arno Raunig

Im nördlichen Burgenland, nicht weit von Bruck an der Leitha, ganz knapp an der Grenze nach Niederösterreich, gibt es ein Dorf dieses Namens. In dessen Mitte steht ein längs der Hauptstraße sich ausdehnendes Schloss, erbaut zwischen 1776 und 1808 (ein Jahr vor Haydns Tod, dessen Geburtsort Rohrau in nordwestlicher Richtung zu finden ist). Jetzt birgt es eine Kunst- und Antiquitätensammlung in 48 (!) Räumen (Parterre und 1. Stock), dazu immer wieder Sonderausstellungen (zur Zeit eine Bibelsammlung) und ist zum Hauptsitz der österreichisch-ungarischen Kulturwerkstatt sowie der österreichisch-rumänischen Gesellschaft geworden.  Diesmal  betätigte sich die Georg Friedrich Händel Gesellschaft  in den historischen Mauern. Obiger Titel eines originellen Sonntagnachmittags-Konzerts bezieht sich aber nicht auf  verschiedene Nationalitäten, sondern bezog sich ursprünglich auf 2 selten kombinierte Stimmlagen: Bass und Countertenor. Da der Bassist Theodore Cortesi heiser war, sprang seine Frau ein und es gab ein „Doppelkonzert“ für bzw. von Sopran und Sopranist, natürlich unter Abänderung des geplanten Programms, sodass die in Wien tätige japanische Pianistin Ayako Ono nahezu probenlos die beiden Sänger begleiten musste, was ihr mit bewundernswertem Geschickgelang.

Arno Raunig und  Katharina Coresi offerierten ein buntes Vokalprogramm, dessen hohen stimmlichen Ansprüchen beide spielend gerecht wurden. Die mir bisher unbekannte rumänische Sopranistin erwies sich als Alleskönnerin: Carmen (Habanera), Tosca („Vissid’arte“), Norma („Casta diva“ plus Cabaletta), Adriana Lecouvreur („Son l‘umileancella“) und 2 „leichte“ Nummern (das Robert Stolz-Lied „Im Prater blühn wieder die Bäume“, Kàlmáns„Heia in den Bergen..:“) sang und gestaltete sie souverän mit großer Bühnenpräsenz und Wortdeutlichkeit, mit allen Höhen und Tiefen, mit Kraft, Gefühl und Charme. Arno Raunig präsentierte sich als Gluck’scher Orfeo mit „Chefarosenz’Euridice“ hochdramatisch, verzweifelt, mit ebenso eindringlicher baritonaler Mittellage wie Sopranhöhe, das zu purem Schöngesang verführende C-Dur zu intensiviertem Schmerzensausdruck nützend. Die virtuose Arie „Stanell’Ircana“ aus „Alcina“, in der Ruggiero sich zum Kampf gegen Alcinas Zaubereien Mut zusingt, bringt Raunig mit einer Impulsivität, die schaudern macht. Von einer echten Männerstimme geht da sie ungleich größere Wirkung aus als von den besten Mezzosopranistinnen und Raunig bleibt für mich in dieser Rolle (in Zürich, Darmstadt und Wiesbaden erlebt) einfach beispielgebend. Einzweites Barock-Juwel für diese Stimmgattung war Farinellis Parade-Arie „Son qualnavech‘agitatatesto“von Riccardo Broschi (auch von Cecilia Bartoli gern gesungen), temperamentgeladen, mit Kraft und Glanz bis in die Extremlagen effektvoll in den Saal geschleudert. – Raunig hätte immer gern mal den Cherubino oder den Rosenkavalier gesungen. Es kam nie dazu. Aber mit „Voichesapete“ verlieh er dem Mozart’chen Pagen jenes Quantum an Männlichkeit, um das sich die dafür vom Komponisten vorgesehenen Damen allzu oft vergebens bemühen.Das ungewöhnliche Sänger-Duo gönnte sich und uns überdies ein paar Späße: „Händels „Ombramaifu“ sangen sie gemeinsam, mit denselben Tönen, abersehr unterschiedlichen Timbres. Mozarts Duett Susanna-Gräfin, bei dem der Countertenor (mit Lockenperücke) ins „Kostüm“des Stubenmädchens schlüpfte, und Verdis „Libiamo“, wo Katharina Coresi den Alfredo-Part übernahm und der „Counter“ sich als Violetta Valery,mit Fächer übertrieben agierend, gar köstlich amüsierte.

Der bei den Händel-Konzerten gern als Moderator fungierende Schauspieler Theo Hawlicka hatte wieder Neue und Altbekanntes parat, darunter in Erinnerung an Alfred Šramek, der bei der Händel-Gesellschaft regelmäßig zu Gast war, einige von dessen Anekdoten. Im Garten des Schlosses durfte man die musikalischen Darbietungen zusammen mit den Künstlern bei Wein oder Sekt, mit Brötchen und Kuchen nachgenießen.

Sieglinde Pfabigan

 

 

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