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PLAUEN/ Theater Plauen-Zwickau: DIE VOGTLAND-REVUE UA´Uraufführung. Auftragswerk für das Theater Plauen-Zwickau von Sabine Michel

27.01.2025 | Operette/Musical

Theater Plauen-Zwickau / Die Vogtland-Revue (UA) Aufführung 26.01.2025

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Foto: Theater Plauen-Zwickau

Auftragswerk für das Theater Plauen-Zwickau von Sabine Michel

Was stiftet Identität? Das ist für ein städtisches Theater inzwischen auch eine Überlebensfrage. Das Theater Plauen-Zwickau unter Dirk Löschner, Generalintendant und Schauspieldirektor, muss sich dieser Frage im Moment besonders stellen, denn die Landesregierung in Dresden fordert zum Sparen auf und das gefährdet inzwischen den künstlerischen Betrieb.

Von „Heimat“ haben Vogtländerinnen und Vogtländer meist eine klare Vorstellung. Die Besonderheiten von Landschaft, Sprache und Kulinarik, typische Bräuche und die Geschichte von heute. Vier Regionen prägen diesen Begriff des Vogtlandes.

Das Vogtland kann nur erblühen, wenn die, die hier geboren wurden, gern bleiben oder zurückkommen und das Land nach ihren Wünschen verändern. Junge Menschen verlassen ihre vogtländische Heimat, oft um eine berufliche Entwicklung zu finden.

Was schafft eine Heimat? Was ist gewesen und was wird bleiben? Was muss sich entwickeln? Diesen Fragen stellt sich die Die Vogtland-Revue (UA).

Dirk Löschner ist Künstler genug, um diesem Problem nicht nur mit Zahlenwerk, sondern auch mit den Antworten des Theaters zu begegnen. Die Vogtland-Revue (UA) ist, als Auftragswerk des Theaters, so eine künstlerische und identitätsstiftende Aussage an das Publikum in Plauen.

Die Vogtland-Revue präsentiert sich als Zeitreise durch die Geschichte Plauens und des Vogtlandes. Die Protagonisten sind: Ute Menzel als Erzählerin und als Sagengestalt „Moosweiblein“ nimmt sie das Publikum auf diese Zeitreise durch verschiedene Epochen des Vogtlandes mit. Dabei begegnet sie Marie (Julia Hell), die eigentlich Plauen verlassen will, weil „wenig los ist“. Da werden am Anfang schon mal alle Probleme der Region auf die Bühne gepackt.

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Foto: Theater Plauen-Zwickau

Marie (Julia Hell) möchte nach München, denn ihre Freunde sind auch schon dort. Mit einer sinnlichen und stimmungsvollen Zeitreise will die Erzählerin sie davon abhalten. Dann wirft das „Moosweiblein“ Marie hinein in die wechselvolle Geschichte von: Bergbau, Spinnerei, Industrialisierung, Wohlstand und Niedergang, Krisen und Kriegen, der deutschen Teilung und der deutschen Einheit sowie der heutigen schwierigen Situation.

Thema ist auch der Auf- und Abschwung der Plauener Spitze, das Produkt, das Plauen weltbekannt machte und der Stadt im Jahr 1900 bei der Weltausstellung in Paris den Grand Prix einbrachte.

Marie trifft ihre verstorbene Großmutter und den erst zwölfjährigen Bergmann Johann Schnabel, den sie auf ihrer Zeitreise im Jahr 1664 kennenlernt.

Der wird dann lesen und schreiben lernen und verstehen, dass Frauen inzwischen selbst für sich sorgen können. Außerdem begegnet sie Napoleon, Heinrich I. (Vogt von Plauen), Goethe, Sigmund Jähn (1. deutscher Kosmonaut) und vielen anderen Figuren wie dem zeichnerischen Schöpfer der „Vater und Sohn“-Figuren E.O. Plauen (Erich Ohser). Die allesamt in Plauen und seiner Geschichte aktiv waren.

Musikalisch wird die „Die Vogtland-Revue (UA)“ mit Klavier und Akkordeon begleitet von Sebastian Undisz (Klavier) und Heidi Steger/Claudia Steidte (Akkordeon). Hier treten ganz hervorragende Musiker auf, die der Revue eine schwungvolle Form geben.

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Foto: Theater Plauen-Zwickau

Sowohl Julia Hell als Marie als auch Claudia Lüftenegger (in verschiedenen Rollen) singen ausgezeichnet. Ebenso tanzt und singt der Chor sehr gut und bringt viel Dynamik in die Stückentwicklung ein.

Das macht die Inszenierung unterhaltsam bis zum Schluss. Bei vielen Liedern wird vom Publikum mitgesungen und sogar mitgeklatscht. Auch Songs von Tamara Danz und Gerhard Gundermann werden eindrucks- und stimmungsvoll interpretiert.

Die Bühne und Kostüme hat Susanne Wilk mit vielen Pastelltönen gestaltet. Die Bezüge zur Textilgeschichte schaffen Atmosphären und interessante Szenen-Stimmungen, die weit entfernt sind von Nostalgie-Kitsch.

Die Regie von Mona Sabaschus bildet einen Wechsel von Conférencen und Spielszenen. Stellenweise wirkt das etwas pädagogisch, wird aber immer wieder heiter aufgelöst. Einzeldarsteller und Chor harmonieren gut. Durch die Erzähl- und Erklär-Texte wird der Revue manchmal das Tempo genommen, das der Zuschauer erwartet. Insgesamt wird mit dieser Inszenierung ein bunter Flickenteppich gewoben, der sehr unterhaltsam für alle ist, die Heimat erleben wollen.

Die Autorin Sabine Michel mischt Geschichte und Zeitgeist durchaus unterhaltsam. Stellenweise drängt sich allerdings ein „Zeigefinger-Eindruck“ auf. Dennoch hat Sabine Michel das Auf und Ab der Stadt und der Region in Sprachbilder gepackt, die von den Zuschauern mit Begeisterung aufgenommen werden.

Deshalb gab es auch in dieser Sonntagsvorstellung stehende Ovationen. Bevor die Zuschauer heiter gestimmt nach Hause gehen wollten, konfrontierte sie die Schauspielerin Ute Menzel mit der dramatischen Finanzsituation des Theaters Plauen-Zwickau und rief zur Unterzeichnung einer Petition für den Erhalt des Theaters auf.

Mit diesem nachdenklich-kämpferischen Appel wurden die Zuschauer in die Nacht entlassen.

Man kann nur hoffen, dass die sächsische Landesregierung Einsicht zeigt, dass nicht wieder diese Region zum Schlusslicht gemacht wird.

Wenn ein Theater bis zur Unkenntlichkeit geschrumpft wird, was bleibt dann für die Zukunft einer Stadtkultur? Vor dieser Frage stehen viele kleinere städtische Theater in der BRD und ihre Besucher.

Die Plauener Bürger besitzen eine gewisse Renitenz gegen Obrigkeitsbeschlüsse, darum gehörten sie in der DDR auch zu den ersten, die in einer Großdemonstration bürgerliche Freiheiten einforderten. Diesen Geist gilt es neu zu beleben!

 

Thomas Janda

  1. Februar, 19.30 Uhr (letzte Aufführung)

 

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