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Philipp Schöbi: DAS LITERARISCHE FELDKIRCH

14.06.2018 | buch

Philipp Schöbi:
DAS LITERARISCHE FELDKIRCH
Die Montfortstadt als Schauplatz der Literatur
Geschichte der Stadt Feldkirch / hsg. von der Stadt Feldkirch
120 Seiten, Großformat, Bucher Verlag, 2018

Feldkirch, am westlichsten Ende von Vorarlberg, der Schweiz und Liechtenstein näher als dem restlichen Österreich, zweitgrößte Stadt des Bundeslandes Vorarlbergs, ist auch ein besonderer Ort, nicht nur, weil sein historischer Charakter so zwanglos in der Gegenwart lebt. Jeder, der je dort gebummelt ist, hat mit großen Augen die „James Joyce Passage“ wahrgenommen – und er war nicht der einzige Dichter der Weltliteratur, der sich hier gewissermaßen „ausführlich“ aufgehalten hat.

Der Literaturwissenschaftler Philipp Schöbi hat nun die prominenten Besucher der Stadt, in der er lebt, „aufgearbeitet“, wobei er bis ins Mittelalter zurückgeht (der Dichter Hugo von Montfort ist ein Nachfahre des gleichnamigen Stadtgründers), Humanisten ebenso ortet wie Barockdichter, um schließlich bei den ganz großen Namen zu landen. Dabei sind Thomas Mann, Stefan Zweig, Hermann Hesse, Carl Zuckmayer, Erich Maria Remarque zu finden, oder auch Kaiser Karl, der hier auf dem Weg ins Exil – obwohl kein Literat – vorkommt und für den, wie für viele andere, Feldkirch zum „Schicksalsbahnhof“ wurde. (Wenn einer nur durchfuhr und auch noch meinte, Feldkirch sei in der Schweiz, wie es Ernest Hemingway passierte – der gehört nicht hierher).

Die interessantesten und berühmtesten der Feldkirch-Besucher bekommen ihre ganz breite Geschichte. Der erste ist Arthur Conan Doyle (1859-1930), der als 16jähriger britischer Schüler aus Edinburgh für ein Jahr an das weltweit renommierte Jesuiten-Gymnasium Stella Matutina kam. Hier lernte er nicht nur sehr gut Deutsch, sondern auch die körperliche Ertüchtigung, die das Wandern in Wäldern und Bergen mit sich bringt. Drei Briefe, die er damals schrieb, sind im Anhang nachzulesen. Er hat hier manches erlebt (nicht zuletzt berüchtigte Wetter-Kapriolen), er blies die Baßtuba in der Schulkapelle, und Schöbi stöbert auch Motive auf, die man später bei Sherlock Holmes finden kann (allerdings nicht, dass er möglicherweise auch damals vom Schweizer Reichenbachfall gehört hat, in den er später seinen Helden samt Bösewicht Moriarty – trägt er Züge des Feldkircher Mathematiklehrers? – stürzte…)

Ähnlich ausführlich setzt sich Schöbi mit James Joyce (1882-1941) auseinander, der selbst sagte, dass sich am Bahnhof von Feldkirch 1913 das Schicksal des „Ulysses“ entschieden hätte – und damit kann der Ort stolz die „Weltliteratur“ in sein goldenes Buch einschreiben.

Ein Text- und Bildband über Literaten, wie er Freunde des Genres nur entzücken kann.

Renate Wagner

 

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