Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

PFORZHEIM/ Theater: HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN. Premiere

11.05.2024 | Oper international

Pforzheim: Hoffmanns Erzählungen, 10.5. 2024 – Premiere

hoi
Copyright: Theater Pforzheim

„Hoffmanns Erzählungen“ leben von den delikaten bis sarkastischen Liebesgeschichten des romantischen Dichters, die Jacques Offenbach faszinierten.Er konnte mit ihnen seine einzige Große Oper auf das Drama von J.Barbier und M.Carre‘ konzipieren,das in Frankreich noch früher als in Deutschland E.T.A.Hoffman zu großer Popularität verhalf. Aber es erschien schwierig, die Oper optimal zu vollenden, und darüber verstarb Offenbach. Trotzdem hat sich die 5aktige Oper mit Prolog, die in Berlin, Paris, Muenchen und wieder in Berlin spielt, einen festen Platz im Opernrepertoire behauptet und ist auch für kleinere Häuser wie Pforzheim eine große spannende Herausforderung. Natürlich lässt sie verschiedenen Interpretationsansätzen Spielraum, ich habe aber bei ihr noch von einem Regietheater-Fiasko gehört. In Pforzheim kommt die deutsche Fassung von Josef Heinzelmann zu Gehör, wofür gute Gründe sprechen, war doch der aus Köln stammenden Offenbach wie sein Zeitgenosse Giacomo Meyerbeer Deutscher, nur später vielleicht naturalisierter Franzose.

Musikalisch wurde der Fuenfakter unter der Leitung von Robin Davis farbpraechtig bis sueffisant und oft heftig aufbereitet. Die Solistenstimmen kommen dabei manchmal etwas grell herüber.Robin Davis bevorzugt bei vielen Themen und musikalischen Gestalten die forsche  Gangart und  und trägt die Badische Philharmonie in einen Flow,der sich gewaschen hat. Rhythmische Präzision und dynamische Austarierung kommen dabei aber nicht zu kurz,auch angemessene Daemonie wird eingestreut und vom Orchester mit guten und teils satten Klangfarben wiedergegeben.

Die Inszenierung von Martin Hertel bevorzugt eine weitgehend unverfremdete Sichtweise. Wenn auch die Bühne von Ausstatterin Monika Gora weitgehend abstrakt und teils verfremdet erschien, fand man sich doch immer in  ‚realistischen‘ plausiblen Räumen wieder. Zu Beginn die grosse Arie der Donna Anna aus Mozarts Don Giovanni, in „Hoffmann“ nur Vorwand für eine Intrige, die sich Rat Lindorf vornimmt, um ihm die Sängerin Stella auszuspannen. Sie singt sie sehr emotional in großem weissen Reifrock. In Lutters Bar dann ein super präziser Auftritt des Herrenchors,bei der Hoffmann in der Ballade vom Klein Zack bereits unversehens abdriftend auf sein erstes Liebesabenteuer recurriert. Dabei wird aus seitlichen schwarzen Regalen mit Weinflaschen von Lutter und Andreas nachhaltig ausgeschaenkt.

Im Olympia-Akt wird der Chor etwas im Hintergrund gehalten. Hoffmann verfolgt mit riesen „Liebesbrille“ auf der Nase die doch sehr mechanische Szene,in der auch die Sängerin Olympia keine grosse Furore machen kann. Coppelius kommt dabei wie ein großer Zauberer herüber,daneben der kleine elegante Spalanzani im Seidengewand. Am Ende fährt er den entstandenen Elektroschrott in einem grossen Einkaufswagen von der Bühne.

Der Antonia-Akt zeichnet sich durch eine Reihe von unförmigen Sitzflächen und  -gelegenheiten in Surrealismus- anmutenden Stil aus. Hier auch die Dienerszene in köstlicher Manier sowie in asymmetrisch verfremdeten Kostümen besonders bei Krespel mit in einer nach unten spitz zu laufenden und am Rücken wie ein Korsett zu schnürenden Weste. Tochter Antonia in einem eher sehr biedermeierlich schwarz-weissen Kragenkleid und  Haardrapierung mit Schleife. Der Aufzug der toten Mutter von hinten ist aber nur ganz schemenhaft. 

Die Giulietta spielt in zwei rot drapierten hinteren parallelen Räumen, wo unentwegt gespielt und gezockt wird. Vorne der immer kurzhaarige Hoffmann in Schwarz-look mit einer deutlich größeren Giulietta im aber auch biedermeierlichen roten Phantasiekleid. Die ihn nach jeder Szene zum Schreiben animierende Muse Niklaus mit kurzen Lockenhaar übernimmt jetzt die ‚Regie‘, löst Hoffmann aus „falschem“ Venedig heraus und kann ihn auch, zurueck in der Rahmenhandlung, von Stella, die ihre Auftrittsarie beendet hat, abbringen und sich als Schreib-Muse in Szene setzen. Dabei wird sie von ihrer geschwisterlichen Zweitmuse, der Tänzerin Ellinor Berglund, unterstützt.

 Chor und Extrachor überzeugten unter der Leitung ihres scheidenden Direktors Johannes Antoni

Den Hoffmann Dirk Konnerth wirkt zu Beginn etwas toenern laut, kommt aber immer besser in die Partie mit einem markigen Timbre und dann fast einem Überflieger-Tenor in den Sophistikationen seiner extravanten tragischen Liebschaften. Die Muse/Niklaus gibt äußerst elegant Cecilia Pastawski mit angenehm timbrierter Sopranstimme und mit  durchaus verliebten Anklängen.

Stella ist Elisandra Melian mit gediegenen Sopranphrasen, mit ihrem leichten bis intensiv-drastischen Stimmeinsatz.

Lou Denes gibt die Olympia,kann aber stimmlich nicht derart auftrumpfen, da sie leider beim Koloratursingen wie ein lebloser, manchmal fast derber,oft schriller Automat verbleibt. Wenn die Koloraturen nur noch scheppern, scheint es zuviel des „Guten“. 

Die beste Gesangsleistung auf der Damenseite gelingt der Sängerin der Antonia, Stamatia Gerothanasi, die diese Spielzeit auch schon als Traviata überzeugt hat. Zu Beginn auch noch nicht so in ihrem Element, kann sie sich später richtig aussingen und ihrem Drang, wie ihre Mutter eine wahrhaftige Sängerin zu sein, freien Lauf lassen. Auch die Mutter sehr schönstimmig, Nerea Elizaga Gomez

Eine tiefstimmige Wucht ist die Verkörperung der vier Bösewichter-Rollen durch Lukas Schmid-Wedekind. Ein locker gut geführter Basso cantante mit wirklich dunkler Kontur, der schon zu Beginn als Lindorf aufhorchen lässt. Durchgehende Steigerung dann als Coppelius, Dr Mirakel und besonders als verschlagener Zuhälter Dappertutto.

Besonders sueffisant kommt auch Tenor Philipp Weber als Andreas, Cochenille,Franz und Pitichinaccio herüber. Als Nathanael und Spalanzani kann Santiago Bürgi tenoral überzeugen. Lutter und Crespel übernimmt Markus Wessiak als ausdrucksstarker Bass. Gut auch der Bariton Daniel Nicholson als Hermann und Schlemihl.                               

Friedeon Rosen

 

Diese Seite drucken