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PFAFFSTÄTTEN/NÖ/ „Hof-Oper“: LA TRAVIATA

13.09.2021 | Oper in Österreich

Pfaffstättner Hof – Oper: „LA TRAVIATA“ – 11.9.2021

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Die Pfaffstättner Hof-Oper. Foto: Klaus Titzer/der Photograf

Der bekannte Weinort Pfaffstätten liegt nahe der Kurstadt Baden im Wienerwald. Der Ort wurde schon von den Römern „padres et vinum“, Väter und Wein bezeichnet. Der Pfaffstättner Kogel ist ein beliebtes Wanderziel.

An diesem Samstag konnte man hier eine Freiluftaufführung der „Traviata“ in einer sehr interessanten kammermusikalischen, prominent besetzten Bearbeitung erleben. Verantwortlich für die musikalische Umsetzung war Paul Boris Kertsman, der an diesem Abend seine erste „Traviata“ dirigierte. Für die Organisation und szenische Umsetzung war Mario Stöckel (Commissario) verantwortlich, mit und in seiner Agentur – MANAGING ARTISTS CON BRIO – der ein ganzes Team von Freunden und Familie um sich scharte, um die Aufführung in deren Garten zu ermöglichen.

Es war – möchte ich sagen – eine Aufführung von Freunden, mit Freunden für Freunde.

Die Idee zu diesem Projekt, dem hoffentlich noch viele weitere folgen werden, entstand bei einem guten Gläschen Wein vor drei Monaten. Es sei angemerkt, dass alle Solisten mit viel Freude und ohne Gage an der Aufführung beteiligt waren.

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Bryony Dwyer, Leonardo Navarro. Foto: Klaus Titzer/der Photograf

Musikalisch wurde das Ganze von einer sehr prominenten Sängerbesetzung getragen, die der geneigte Fan von der Staats- sowie der Volksoper in den entsprechenden Rollen gut kennt.

Die kammermusikalische Orchesterfassung wurde von Carl Tertio Druml (Diener bei Flora) erstellt. Beide Herren waren auch in kleineren Rollen auf der Bühne zu sehen und zu hören, wie dem Besetzungszettel zu entnehmen war. Das Orchester war zusammengesetzt aus einer Violine, einem Violoncello, einem Akkordeon, Klarinette (inkl. Bassklarinette) und einer Flöte (inkl. Altflöte), wobei Akkordeon und Bassklarinette in der Originalpartitur nicht drinnen stehen. Ich war mir zunächst etwas unsicher, ob diese Orchesterbesetzung den Originalklang der Partitur hörbar machen würde, war dann aber angenehm überrascht. Besonders das Akkordeon machte die Pariser Atmosphäre am Seineufer wunderschön hörbar. Es waren auch besonders die Bläsereinwürfe im Finale ultimo hörbar, die hier wunderbar aufgefangen wurden.

Dass man auf manche Chorszene, wie die der Zigeunerinnen, verzichten musste, war einfach der Tatsache geschuldet, dass es keinen Chor gab. An anderen Stellen markierten die Sänger und Sängerinnen, die gerade nicht solistisch tätig waren, diese wenigen Takte, sodass man eigentlich immer den akustischen Eindruck einer vollen Besetzung hatte.

Mit Bryony Dwyer erlebte das Publikum eine Violetta, die in allen Facetten, stimmlich wie darstellerisch überzeugend war. Da spürte man von der Lebensfreude der jugendlichen Lebedame bis zur Verletztheit und Todesangst alles, was diese Rolle ausmacht. Ihre Interpretation der Violetta war von sehr starker Intensität durchdrungen. Noch vor der Pandemie war sie ja auch an der Wiener Staatsoper als berührende Pamina und als launig-überdrehte Musetta aufgetreten.

Als Alfredo an ihrer Seite erlebte das Publikum Leonardo Navarro, der den Alfredo bei seinem Debut stimmlich wie darstellerisch genauso überzeugend auf die Bühne brachte. Da blieb kein Wunsch offen.

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Paolo Rumetz, Bryony Dwyer. Foto: Klaus Titzer/der Photograf

Für den Padre Germont konnte Paolo Rumetz gewonnen werden, der diese Rolle ja bereits an der Staatsoper gestaltet hatte und es sich diesmal nicht nehmen ließ, den Weg aus Triest nach Pfaffstätten zu suchen. Auch diesmal blieb bei seiner Gestaltung des Vaters stimmlich wie darstellerisch kein Wunsch offen. Man konnte schon von seiner äußeren Erscheinung her sagen, dass er gewissermaßen der Fels in der Brandung war, der väterliche Freund, an den sich alle ein bisschen anlehnen konnten. Sein Auftritt mit dem „Madamigella Valery….“ war wirklich respekteinflößend, man hörte und spürte sehr deutlich den ironischen Tonfall und die anfängliche Verachtung Violettas, aber dann einen gewissen Respekt ihr gegenüber, als er erfährt, dass sie all ihr Hab und Gut darbieten und ihr bisheriges Leben hinter sich lassen will. Dieser Respekt kam auch wunderschön zum Tragen in dem Moment, als Alfredo Violetta im 2. Akt sein erspieltes Geld vor die Füße wirft („Disprezzo degno…“). Ein weiterer Höhepunkt des Abends war die große Arie des Padre Germont („Di Provenza…“), die Paolo Rumetz eindringlich, mit sehr viel Emotion vortrug. Man spürte förmlich die Sorge des Vaters, dass er an seinen Sohn nicht mehr rankommt. Dies brachte er stimmlich wunderschön zum Ausdruck. Im Moment der Einsicht seines Fehlverhaltens, das er nicht wieder gut machen kann – nach Alfredos verzweifelten Einwurf („la vedi padre mio…!“) – konnte er dem Zuschauer fast schon leid tun, auch angesichts der Tatsache, dass ihm Violetta schon längst verziehen hatte. Man spürte förmlich, dass er Verdi im Blut hat.

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Violetta am Ende: Juliette Mars, Bryony Dwyer, Leonardo Navarro. Paolo Rumetz. Foto: Klaus Titzer/der Photograf

Aber es sollen hier nicht nur die Sänger der Hauptrollen gewürdigt werden, sondern auch alle, die die kleineren Rollen gesungen haben und zum Gelingen des Abends beitrugen.

Da wäre zunächst einmal die Flora von Juliette Mars lobend zu erwähnen, die ja auch staatsopernerprobt Violettas Freundin auf die Bühne brachte. Da stimmte auch jede musikalische Phrase und jede Geste. Bewährt als Douphol schon des Öfteren an der Volksoper brachte Ben Connor diesen wieder cool und stilsicher auf die Bühne und das, nachdem er 2 Tage zuvor noch den Danilo an der Volksoper gesungen hatte. Ein weiteres erfolgreiches Debut konnte Alejandro Pizarro-Enriquez als Marchese d’Obigny feiern. Auch Karl Huml brachte seinen Dottore Grenvil volksopernerprobt stilsicher und stimmschön auf die Bühne. Anne Wieben machte als Annina und Giuseppe ebenfalls gute Figur. Ein großes Lob gilt auch Jakob Nistler, der kurzfristig als Gaston einsprang und sich zukünftig sicherin weiteren, auch größeren Rollen bewähren wird.

  Victoria Popov

 

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