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PESARO/ Rossini Opera-Festival: ELISABETTA, REGINA D’INGHILTERRA. Premiere

12.08.2021 | Oper international

PESARO/ ROSSINI OPERA FESTIVAL: ELISABETTA, REGINA D’INGHILTERRA

am 10. 8. 2021 (Premiere)

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In England und Schottland regnet es meist. Foto: Rossini Festival Pesaro

Davide Livermore hat beim Rossini Opera Festival in der Vergangenheit einige großartige, phantasievolle und äusserst unterhaltsame Inszenierungen gestaltet, die sich dem Gedächtnis der Rossinifans nachdrücklich eingebrannt haben wie zB. Ciro in Babilonia oder L’Italiana in Algeri.

In letzter Zeit macht der Gute aber leider zu viel. Allein im letzten Jahr: wieder einmal eine Scala-Eröffnung (auf die er aus unerfindlichen Gründen abonniert zu sein scheint), Produktionen im Teatro Nazionale di Genova (deren Intendant er vor kurzem geworden ist), ein Rigoletto in Florenz, ein Aischylos im Antiken Theater von Syrakus, eine Bohème im Circo Massimo in Rom, Wiederaufnahmen in Australien und Kasachstan und und und (demgegenüber ist ja der bisherige Rekordhalter Barrie Kosky nahezu zurückhaltend im Annehmen von Engagements).

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Auf Grabstätten erblüht neues Leben. Foto: Rossini Festival Pesaro

Nun also auch noch „Elisabetta, Regina d’Inghilterra“, eine äusserst interessante und viel zu selten gespielte Oper des Meisters aus seiner Neapolitaner Zeit, mit der er zB. auch bei seinem Gastspiel in Wien riesige Erfolge feierte.

Livermore hat meistens eine „originelle“ Idee, die er dann ohne Rücksicht auf Verluste mithilfe seiner durchaus begabten Komplizen des Videostudios D-Wok über das ursprüngliche Werk stülpt.

Diesmal hatte er die naheliegende, aber auch viel zu naheliegende „Idee“, Elisabeth I. mit Elisabeth II. gleichzusetzen und dafür parasitäre optische Anleihen sowohl bei „The Queen“ als auch bei „The Crown“ zu nehmen.

Und diese Parallelsetzung geht sich halt leider hint und vorn nicht aus: nicht nur war die erste Elisabeth rothaarig und Jungfrau, was man beides von der zweiten nicht behaupten kann. Man kann sich ausserdem überhaupt nicht vorstellen, dass sich „Lillibet“ (wie sie von ihren Verwandten genannt wird) in einen ihrer Feldherrn verliebt und ihn aus lauter Eifersucht zum Tode verurteilen lässt. Dass am Hof von Windsor dauernd mit Pistolen herumgefuchtelt wird, genausowenig.

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Da geht es zu, in Buckingham-Palace. Foto: Rossini Festival Pesaro

Livermore überlässt in Ermangelung von Personenregie über weite Strecken (besonders den ganzen ersten Akt lang) den D-Woks das Feld, die mit einer totalen Überdosis von digitalen Effekten (die allerdings, das muss man zugestehen. im Gegensatz zu den grindigen Amateurvideos in „Moïse et Pharaon“ wirklich professionell und gut gemacht sind) nicht nur die Zuschauer völlig überforderten („Zuviel! Zuviel !! Zuviel !!!“ hörte man die Besucher in der Pause stöhnen), sondern offenbar auch – was verhängnisvoller ist – die Sänger irritierten. Weder Karine Deshayes (Elisabetta) noch Sergey Romanowsky (Leicester) waren anfangs akustisch wiederzuerkennen. Erst als dem Regieteam im zweiten Akt anscheinend das Geld und/oder die Probezeit ausgegangen und dadurch auf der Bühne viiiiiel weniger los war, fanden sie wieder zu ihrer uns vertrauten Form. Ebenso wie Salome Jicia als Matilde und Barry Banks als Norfolc (den er allerdings schwachsinnigerweise als blutrünstig-intriganten Churchill anlegen musste – lernen Sie Geschichte, Herr Regisseur !).

Der wie immer verlässliche Evelino Pidò konnte da mit dem Orchestra della Rai letztlich leider auch nicht mehr viel am nicht so positiven Gesamteindruck ändern.

Friede Deiner Masche, Davide Livermore ! Mach doch mal eine Pause …!

Robert Quitta, Pesaro

 

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