Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

PENTATONE veröffentlicht Anton Bruckner Box: Alle Symphonien und die f-moll Messe jetzt gebündelt unter der kundigen Führung des Marek Janowski auf 10 SACD erhältlich

27.03.2015 | cd

CD-Besprechung: PENTATONE veröffentlicht Anton Bruckner Box: Alle Symphonien und die f-moll Messe jetzt gebündelt unter der kundigen Führung des Marek Janowski auf 10 SACD erhältlich

Schnörkel-und weihrauchlose Interpretationen in fantastischem DSD Zwei Kanal Stereo Sound

Unbenannt

Der 1939 in Warschau geborene, nicht nur wagnerkundige Dirigent sucht in der Erarbeitung des Brucknerschen Kosmos eher die klassischen als die romantischen Züge. Die Nähe und Entwicklung Bruckners aus den Symphonien Beethovens und Schuberts heraus ist all diesen klanglich hervorragend präsentierten, durchwegs vorwärtsdrängenden Interpretationen eigen. Mahler lässt nur aus weiter Ferne grüßen, Querbezüge zu Richard Wagner werden hier ohrenkundig wie kaum zuvor..

Janowksi entlockt seinem Orchestre de la Suisse Romande einen eher bodenständig konkreten als esoterisch mystischen Klang. Nicht das Nebeneinander erratischer Klangblöcke und das Verhauchen der Streicher in himmlischen Sphärenklängen à la Celibidache sind Janowskis Markenzeichen für Bruckner. Dafür kann der Zuhörer Bruckner als Symphoniker einer österreichischen  Musiktradition genießen, in der sowohl schöpferischer Genius als auch der Visionär sui generis ihren Ehrenplatz haben, aber dessen Musik vom Maestro nicht zum Hochamt stilisiert wird. Beim Anhören sind Jeans also durchaus erlaubt und auch erwünscht (aber bitte mit gutem Schnitt und gewaschen), während man bei Karajans, Wands oder Celibidaches Bruckner gefälligst mit Anzug und Krawatte vor der Stereoanlage Platz zu nehmen hat. Um klar zu sein, mit den unendlichen Klangfinessen, die die  erwähnten Pultgötter ihren Klangkörpern entlockt haben, kann Janowski mit seiner Phalanx nicht mithalten. Muss er auch nicht. Dafür kann man sich an  spannungsgeladenen klaren Aufführungen erfreuen, sich im Rätselraten von Neben- und Hauptstimmen genüsslich versenken und sich mit an der schönsten Instrumentalmusik berauschen, die die abendländische Tradition hervorgebracht hat.

Der von der Kritik nicht immer angemessen bewertete polnische Kapellmeister  (das bedeutet, dass Janowski wie etwa Sawallisch oder Kletzki stets hoch professionell, aber im Angesicht großer Schöpfungen persönlich mit hoher Bescheidenheit verfährt) entwickelt den musikalischen Fluss dynamisch-organisch aus den Motiven heraus. Subjektiv auf die Spitze getriebene Erzählweisen sind ihm ebenso abhold wie ein gesuchtes Aneinanderfügen oder Innehalten im musikalischen Fluss. Bei anregendem  Ineinanderhören im musikalischen Narrativ und klug arrangierten Übergängen, die mit großer Natürlichkeit einhergehen, bleibt bei Janowski noch genügend Raum für das Erleben der Musik aus dem Augenblick heraus.

Natürlich gelingen die einzelnen Stücke, die auf der bekannten Nowak Edition aus 1889 basieren, unterschiedlich gut. Mich berühren besonders die Aufführungen der 1., 5., 7., 8. und 9. Symphonie. Dagegen fällt die Wiedergabe der f-moll Messe vom Juni 2012 aus der Victoria Hall Genf nicht zuletzt der eher hier schwachen Solisten (Lenneke Ruiten, Iris Vermillion, Shawn Mathey und Franz Josef Selig) und der wie bei Chorwerken leider so häufig suboptimal platzierten Mikros wegen eindeutig ab. Meine eindeutige Lieblingsaufnahme dieser Messe (nur gebraucht auf Vinyl erhältlich) kommt aus Berlin, und zwar unter Karl Forster mit den Berliner Symphoniker und dem Chor der St. Hedwigs Kathedrale, Pilar Lorengar, Christa Ludwig, Josef Traxel und Walter Berry.

Insgesamt ist der nunmehr geschlossen vorliegende Bruckner-Zyklus mit Janowski und dem Orchestre de la Suisse Romande in musikalischer und aufnahmetechnischer Hinsicht genau so zu empfehlen seine erste Einspielung von Wagners Ring mit der Staatskapelle Dresden.

Ingobert Waltenberger

 

Diese Seite drucken