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PASSENGERS

01.01.2017 | FILM/TV, KRITIKEN

FilmPlakat   Passengers~1

Filmstart: 5. Jänner 2017
PASSENGERS
USA / 2016
Regie: Morten Tyldum
Mit: Jennifer Lawrence, Chris Pratt, Michael Sheen u.a.

Eigentlich ist es im Weltraum langweilig, zumindest, wenn keine Aliens durch die Raumschiffe wieseln. Aber weil das Kinopublikum anders entschieden hat, werden immer wieder Menschen einsam ins All geschickt. Man muss sich nur daran erinnern, wie Sandra Bullock 2013 in „Gravity“ allein durch den Weltraum segelte, nachdem George Clooney sie nach kurzem Zusammensein verlassen hatte. So öde es einem vorkommen mochte – am Ende gab es sieben (!) „Oscars“ und, noch wichtiger, über 700 Millionen Dollar Einspielergebnisse. Kein Wunder, dass man sich ausrechnet, dass zwei Jungstars – diesmal allerdings meist im Raumschiff, selten draußen im Weltall – dieses Kassenwunder wiederholen könnten. Ob es klappt?

„Passengers“ spielt in einer Zukunft, wo wir angeblich von der Erde aus fremde Planeten bevölkern werden. Vieles ist dann schon erfunden, nur kein Highspeed-Vehikel ins All – so an die hundert Jahre muss man bis zur Ankunft schon rechnen. Die Methode, die wir uns heute (sci-fi-mäßig) ausdenken, ist bekannt: ab in einen gläsernen Sarg, Tiefschlaf, in hundert Jahren wird man so jung und hoffentlich frisch fröhlich geweckt, wie man einst war. 5000 Menschen „schlafen“ da ihrer Zukunft entgegen…

Die letzten paar Monate darf man dann in einem Raumschiff verbringen, das zwar Passagiere verschiedener Klassen vorsieht (Goldcard und gewöhnliche Leute gibt es dort auch), das aber traumschiffmäßig mit allem Luxus von Pool, Bar, Fitnessraum etc. eingerichtet ist… Nicht umsonst trägt es den schönen Namen „Avalon“.

Irgendetwas geht aber immer schief – und so ist Jim einigermaßen erstaunt, aus dem Schlaf geweckt zu werden und sich mutterallein im Raumschiff zu finden. Das heißt, Barkeeper Arthur ist da und schenkt Drinks aus, aber der gute Mann ist ein Android, sprich: ein Roboter ohne Unterleib, wenn er auch sehr sympathisch plaudern kann. Jim, der als Mechaniker technisch nicht unbeleckt ist und sich durch die Systeme des Raumschiffs erkundet, stellt bald fest, dass er Opfer eines technischen Versagens wurde und noch 90 Jahre Fahrzeit vor sich hat, also vermutlich tot sein wird, wenn er seinen künftigen Planeten erreicht. Der Versuch, sich selbst wieder in Schlaf zu versetzen, misslingt. Was nun?

Bis dahin wurde man wiederum stark an „Der Marsianer“ von 2015 erinnert, wo Matt Damon sich als einziger Mensch in einer Basisstation auf dem Mars befand und versuchen musste, sich allein ein Leben einzurichten. Jim in „Passengers“ wird zumindest von Maschinen mit Nahrung versehen, von Arthur mit etwas Ansprache bedacht. Trotzdem ist die Einsamkeit schädlich für die Seele. Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei…

Videos anderer Passagiere existieren, und weil die hübsche, offensichtlich kluge Journalistin Aurora Lane ihm besonders gefällt, weckt er sie auf – ohne ihr zu sagen, dass das kein Irrtum war, sondern sein Werk. Nun kann die übliche Romanze „Wir nähern und behutsam aneinander an und werden ja letztlich doch ein Liebespaar“ beginnen.

Und mehr ist es schon nicht, bis auf ein paar künstliche Kalamitäten mit dem Raumschiff, die Gefahr und wagwitzige Rettungsaktionen nach sich ziehen. Die übliche künstliche Dramatik des Aufeinander-angewiesen-Seins. Da taucht dann auch noch kurzfristig ein lädierter Kapitän des Raumschiffs auf, aber letztlich sind die beiden wieder (bis auf Arthur) allein. Und die Handlung verläuft, wie allzu oft schon gehabt.

Nur dass sich Jennifer Lawrence, derzeit einer der am hellsten strahlenden Hollywood-Sterne, und der durch und durch nichtssagend-sympathische Chris Pratt nicht irgendwo in New York oder an einem Karibik-Strand zusammen raufen, als vielmehr in einer optisch bombastischen Raumschiff-Welt, die man auch schon zu oft gesehen hat. Eindrucksvoll aufgebaut in Babelsberg, aber es gibt in diesem Milieu keine Überraschungen mehr.

Die psychologische Situation von zwei Menschen, die mit sich allein sind, ohne echtes Leben, ohne Aussicht auf ein solches, ist allerdings eine besondere, aber man hat nie das Gefühl, dass das Drehbuch diese Abgründe in ihrem ganzen beklemmenden Wahnsinn auslotet (zumindest die junge Frau muss die Entscheidung treffen, ob sie auf dem Raumschiff lebt und stirbt oder ob sie sich für die Zukunft auf dem fremden Planeten entscheidet, denn Jim könnte sie in den Schlaf zurückversetzen).

Die Darsteller halten mehr ihre bekannten, attraktiven Gesichter in die Leinwand, als wirklich zu erschüttern (was eigentlich in der Geschichte drinnen wäre). Martin Sheen holt jede Menge Komik aus der Rolle seines Barmann-Androiden und setzt die „menschlich“ stärksten Eindrücke des Films, während Laurence Fishburne in seinen kurzen Auftritten eher blaß bleibt.

Man kennt den norwegischen Regisseur Morten Tyldum sowohl durch den düster-spannenden Krimi „Headhunters“, wo er einen kompliziert strukturierten Kriminalroman seines Landsmannes Jo Nesbø verfilmte, wie von seiner ersten englischsprachigen Regiearbeit, „The Imitation Game“, die faszinierende Verfilmung des Lebens von Alan Turing, der Informatiker, der im Zweiten Weltkrieg „Enigma“ knackte und von Benedict Cumberbatch hinreißend verkörpert wurde. Beides mit Abstand anspruchsvollere Projekte als dieses.

Da aus der inhaltlich dürren Story selbst nicht mehr herauszuholen ist, als sie in ihrer letztendlichen Schlichtheit bietet, gibt es einiges Spektakuläre zu sehen, vor allem an Kameraeffekten (Höhepunkt: Wenn das Wasser im Swimmingpool nicht mehr der Schwerkraft gehorcht). Aber nächstens sollte Tyldum wieder ein Drehbuch wählen, wo er sich als souveräner Geschichtenerzähler und Menschengestalter bewähren kann.

Im übrigen ist das Starship hier nur ein Starvehikel, aber es sei dahin gestellt, ob Jennifer Lawrence es zu ähnlichen Kassenrapporten ziehen kann wie etwa die vielen Teile der „Tribute von Panem“…

Renate Wagner

 

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