Palma de Mallorca: Henry Purcells Dido and Aeneas
Teatre Principal 12.2./14.2.2025
Scene aus der „Ode on St. Cecilias Day, vor der Orgelbalustrade Irene Más (St. Cecilia und Belinda). Foto: Teatre Principal
Aktuelles Lehrstück über Fakes…
Vor begeistertem Publikum und in ausverkauftem Haus kam Henry Purcells einzige vollständige Oper Dido and Aeneas zur Erstaufführung in Palma. Eingebettet war sie dramaturgisch und szenisch sehr gekonnt inszeniert in die ebenfalls von Purcell stammende „Ode on St. Cecilias Day“.
Es war großes Theater, was man hier zu sehen bekam. Eine geglückte Coproduction mit dem Teatro Alighieri de Ravenna, Italien.
In minimalistischer durchgehend weißer Dekoration mit einer mittigen erhöhten Orgelbalustrade und auf jeder Bühnenseite einer Flügeltür, treten zuerst das Orchester und dann der Chor und Tänzer und Solisten auf. Alle in legerer schwarzer Kleidung. Das Orchester geht in den Graben, die anderen Mitwirkenden holen sich weiße Hocker und verbleiben während der ganzen Aufführung beidseits auf der Vorderbühne. Ein zu beiden Seiten geraffter blauer Vorhang teilt die Bühne in der Mitte.
Wir befinden uns in einem Conservatorium, in dem die Studenten am Tag der Heiligen Cäcilia, die Patronin der Kirchenmusik, ehren wollen. Sie hat es seit dem Spätmittelalter zu großer Berühmtheit gebracht, ursprünglich eine frühchristliche Märtyrerin, die während ihrer Hochzeitsfeier „in ihrem Herzen sang“ und Gott dabei bat, sie nicht „zuschanden in der Ehe“ werden zu lassen. Sie kam schlimm zu Tode und wird meist mit einer Handorgel dargestellt. Außer unzähligen Komponisten hat auch Heinrich v. Kleist (1803) eine hübsche Geschichte über ihr Wirken geschrieben und selbst in weltlicher Musik wie in Leon Jessels „Schwarzwaldmädel“ wird sie besungen.
Die diesmal ausgewählte Darstellerin der Cäcilia (Irene Mas in der Oper dann auch als Belinda mit schönem klaren in den Höhen sicherem Sopran) wird von den Studenten feierlich zu der erhöhten Orgelbalustrade geleitet. Anschließend präsentieren sich teilweise als Soli oder in Duetten Mezzosoprane, Alt, Countertenor, Baritone und Bassbaritone und überbieten sich in der Huldigung der Heiligen, begleitet durch spontan wirkende Kontratänze des Balletts die an die englischen Hoftänze zur Zeit der Entstehung (1689 n.C.) des Werkes erinnern.
Nach der Vorstellung aller Stimmen schlägt der Dirigent vor, nun die Oper „Dido and Aeneas“ zu spielen. Man verteilt die Rollen und der Vorhang wird geschlossen. Beim immer wieder neugierig von den anderen Mitwirkenden gelüfteten Vorhang während der Ouvertüre sieht man ein Paar in zärtlicher Umarmung auf einem Bett. Es gibt zustimmende Kommentare und Applaus vom Chor.
Die Protagonisten tragen jetzt schöne dem Barock nachempfundene Kostüme. Dido vertraut ihrer Freundin Belinda ihre Zuneigung zu dem als Gast an ihrem Hof weilenden troischen Prinzen Aeneas an. Dieser aus altem trojanischen Königsgeschlecht stammend (Sohn des schönen Königs Anchises und der Aphrodite) war auf dem Weg zu seinem ihm von Zeus bestimmten Ziel der Westküste Italiens, um dort das neue Troja (Rom) zu gründen. Bei einer Zwischenlandung in Karthago und von der Königin mit seinem Gefolge als Gast aufgenommen, verliebten sich die Beiden. Dido als alleinstehende Königin hätte die Unterstützung durch diesen Mann und Helden gerne angenommen. Das Volk drängte sie auch dazu und auch Aeneas war interessiert. In schönstem Einverständnis begibt man sich zur Jagd im Hain. In der Zwischenzeit haben Neid, Hass und Missgunst sich ans Werk gemacht. Eine Zauberin mit zwei Hexen hat beschlossen Dido zu vernichten, ihr Glück, Macht und Leben zum rauben. Der Plan ist, einen falschen Boten zu Aeneas zu senden, um ihm im Namen des „zornvollen Gottes“ Zeus den sofortigen Aufbruch nach Italien zu befehlen. Aeneas ist unglücklich darüber aber zweifelt keinen Moment an der Botschaft.
Als Dido davon erfährt, daß Aeneas sie sofort aufgegeben hat, ist sie zu Tode verletzt, stößt aber in wütenden Worten und mit bedrohlichen Gesten den Geliebten von sich.
„So weint auf des Niles Schicksalsbänken das tückische Krokodil. So machen die Heuchler, die einen Mord verüben, den Himmel und die Götter zu Urhebern ihrer Tat!“ Aeneas geht unglücklich aber seinem künftigen Schicksal gefaßt entgegen, Dido dem Tod. An der Brust Belindas ergibt sie sich in wunderbarem letzten Gesang/Lamento (When I am laid in earth) dem Tod. Die Liebesgötter und ihr Volk trauern um sie.
Zum Schluß finden sich die Mitwirkenden wieder zusammen und diskutieren über das Werk, ihre Interpretation und die Lehren für uns und so fügen sich Ode und Oper wieder dramaturgisch zusammen.
Dido, Königin von Karthago (Maite Beaumont) mit Aeneas Prinz von Troja (Tomeu Bibiloni) . Foto: Teatre Principal
Wir sahen eine schlüssige moderne intelligente Inszenierung von Pier Luigi Pizzi, der auch für Bühnenbild und Kostüme zeichnete. Als Choreograph stand ihm für Tänzer und Statisten Marco Berriel zur Seite und trug damit wesentlich zum Erfolg besonders der Ode bei. Maite Beaumont war eine wunderbare Dido mit warmen zarten Klang, der sich zum Ende fast verhauchte. Ihr zur Seite der kultivierte in den Höhen sichere und in seiner Klage gegen die Götter kraftvolle Bariton Tomeu Bibiloni. Die Zauberin mit großer Spielfreude Begonia Gomez (Alt), die zweite Hexe Natalia Salom, Gabriel Mas (Bassbariton) sowie Irene Mas und Gabriel Mas kommen wie Tomeu Bibiloni direkt aus Mallorca und singen in großen Häusern Spaniens und im Ausland. Der Countertenor Christian Borrelli, schon in der Ode aber dann als falscher Götterbote besonders brillant sein Falsett einsetzend, erhielt langen Beifall. Zum ausgezeichneten spielfreudigen Ensemble gehörten weiter Susana Cordon (erste Hexe), Catina Bibiloni (zweite Dame), Gabriel Alonso und Francisco Fernandez-Rueda (Seemann). Besonders zu beglückwünschen ist das Teatre Principal zu seinem ausgezeichnet und spielfreudigen Laienchor unter seinem Chordirektor Francesc Bonnin. In der Besetzung für Barockorchester brillierte das Orquestra Sinfonica de les Illes Balears unter der Leitung von Andres Salado.
Beim Verlassen des Theaters hörte ich in Gesprächen, dass Aeneas verurteilt wurde, er hätte für die Liebe kämpfen müssen…
Ich argumentierte mich einmischend, Lessing uminterpretierend, „die Pflicht sei eben die Pflicht“… aber es war ein Fake und hat soviel Unheil angerichtet!
Dr. Christiane Meine
Am 18., 20. und 22. Juni 2025 können die Opernfreunde im Teatre Principal DON PASQUALE von Caetano Donizetti erleben.