27.05.2015 Teatro massimo/Palermo „Un Ballo in Maschera“
Aufs Neue bestätigt ein Besuch in Palermo, dass gute Opernaufführungen auch in budget-schwachen Zeiten möglich sind.
Wenn vernünftigerweise mit Co-Produktionen anderer italienischer Opernhäuser (in diesem Fall das Teatro Regio in Parma) gearbeitet wird, schließlich wird die hiesige Oper nur an etwa 8 Tagen pro Monat bespielt, da wären viele teure Eigenproduktionen finanziell nicht machbar.
Wenn ein umsichtiger Intendant sowohl auf den Publikumsgeschmack eingeht, als auch bei der Auswahl der Sänger viel Fingerspitzengefühl beweist.
Damit kann die Lobesrede auf diesen Opernabend beginnen.
Der Regisseur Massimo Gasparon verstand es, die seltsame Handlung nicht noch durch zusätzlich verwirrende Ideen moralisch-politisch aufzumöbeln, sondern die Geschichte so zu erzählen, wie sie Verdi im Verbund mit seinem Librettisten Antonio Somma gedacht hat. Spielort war diesmal Boston, eine weitere Möglichkeit, wenn man sich den Prunk freilich eher an einem (schwedischen) Königshaus vorstellen möchte. Ein wunderbar passendes Bühnenbild und prachtvolle Kostüme (Pier Luigi Samaritani) bieten viel für das Auge. Ein Vorteil der riesigen Bühne ist es, den Ball im letzten Akt nicht irgendwie auf engen Raum zusammen zu quetschen, sondern aus dem Vollen zu schöpfen und den prachtvollen Ballsaal und die bunt verkleideten Gäste zu präsentieren. Auch musikalisch konnte man hochzufrieden sein, denn das Ensemble auf der Bühne war vortrefflich ausgewählt. Als Riccardo brillierte Roberto Aronica, sein kräftiger Tenor wusste ohne Forcieren in den dramatischen Passagen zu gefallen, makellose Höhe und elegantes Spiel – was will man mehr?. Oksana Dyka war ihm als Amelia ebenbürtig, ihr schön timbrierte Stimme meisterte die schwierigen Arien und das Duett mit Riccardo bestens. Kraft ohne Kraftmeierei, sichere Höhe und ein wunderbares Piano krönten ihre Leistung. Renato war bei Giovanni Meoni in guten Händen. Seine sehr lyrische Stimme bewältigte aber auch das „Eri tu“ mit großem Erfolg. Tichina Vaughn sang die Ulrica mit der nötigen Dämonie und profunder Tiefe, keine Selbstverständlichkeit unter den Mezzos dieser Opernwelt. Auch Suzanna Markova konnte als Oscar reüssieren. Anfangs musste man bangen, ob sie die Rolle bewältigen würde, so zurückhaltend und zart sang sie zu Beginn. Mit Fortdauer des Abends steigerte sich ihre Leistung aber deutlich, ihr wunderbar lyrischer Sopran glänzte auch durch sichere Höhen. Ein weiterer Pluspunkt, wahrscheinlich die Überraschung des Abends war aber Chor und Orchester des Hauses. Man wünschte sich manches Mal, diese Qualität, diese Leistungsdichte in den Musikergruppen auch anderswo zu hören. Garant für dieses Niveau war wohl der routinierte, auch bei uns bekannte Dirigent Paolo Arrivabeni, der mit seinem Gespür für das richtige Tempo viel zu dieser tollen Aufführung beitrug. Wenn Palermo auch nicht der Nabel der Opernwelt sein mag, eine Reise dorthin lohnt in jedem Fall.
Johannes Marksteiner