PALERMO/ Teatro Massimo: NORMA am 25.2.2017
Copyright: Teatro Massimo Palermo
In Italien (und in vielen südlichen und romanischen Ländern) gilt ja Bellinis „Norma“ immer noch nicht nur als Inbegriff der Belcanto-Oper, sondern als höchste Vollendung der Kunstgattung Oper überhaupt.
Wenn man das Meisterwerk in solch weltmeisterlicher Qualität erleben darf, wie soeben am Teatro Massimo in Palermo, versteht man auch wieder einmal, warum.
Im „ersten Cast“ waren solche Champions wie Mariella Devia, Carmela Remigio und John Osborn zu hören – von denen man eigentlich nichts anderes erwartet hatte.
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Die grösste Überraschung bildete aber die sogenannte „Zweitbesetzung“ mit weitaus weniger geläufigen Namen, die aber mit den Promis nicht nur mithalten konnten, sondern sie in mancher Hinsicht sogar übertrafen.
An erster Stelle wäre da natürlich Yolanda Auyanet als Norma zu nennen, eine von den kanarischen Inseln stammende Sängerin, die diese Rolle zwar schon in Sankt Gallen verkörpert hatte. Aber von der auch ihr Berichterstatter ehrlicher – und beschämenderweise noch nie etwas gehört hatte.
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SIe verfügt über eine wunderbar geschmeidige Stimme, kann volle Töne produzieren, sich aber auch in ein verlöschendes pianissimo zurücknehmen, und ihre Koloraturen wirken total unangestrengt. Eine echte Entdeckung.
Ihr absolut ebenbürtig Marina de Liso (die man bisher nur vom Barockrepertoire her kannte, die jedoch unlängst ins Belcanto-Fach gewechselt ist) als Aldagisa.
DIe Duette der beiden an diesem Abend gehören zu den vollkommensten und sublimsten Opernmomenten, die man in letzter Zeit erleben durfte. Dank dieser zwei perfekt harmonierenden Künstlerinnen kapierte man auch mit einem Mal, wieso diese Exerzitien an nahezu rein abstrakten Vokalisen zum Beispiel einem zeitgenössischen Komponisten wie Luigi Nono so sehr als Vorbild dienen konnten…
Den beiden Primadonnen durchaus das Wasser reichen könnend: Rubens Pelizzari (Pollione), Luca Tittoto (Oroveso) und Maria Mirò (Clotilde).
Das alles unter der bewährten Stabführung von Belcanto-Spezlalist und Altmeister Gabriele Ferro.
Insofern hätte man sich ausschliesslich im siebten Himmel gewähnt – wenn, ja wenn da nicht auch noch der optische Aspekt gewesen wäre. Das gestrickte, gehäkelte und geflochtene Textil-Bühnenbild sah aus, als hätte es eine künstlerisch ambitionierte Handarbeitslehrerin in ihrer Freizeit verbrochen. Die Kostüme waren einfach nur unpassend, unvorteilhaft und scheusslich. Und die Inszenierung insgesamt wirkte wie eine verunglückte Kontakttheater-Improvisation für eine Kinderspiel-Truppe. Ein einziges Desaster. Nicht zum Anschauen.
Mit geschlossenen Augen hingegen befand man sich während dieser Aufführung für mehrere Stunden im musikalischen Olymp. Immerhin !
Robert Quitta