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PALERMO/ Teatro Massimo: LA FAVORITE (28.2.) und RECITAL NICOLA ALAIMO (1.3.)

02.03.2019 | Oper


Marko Mimica, John Osborn, Sonia Ganassi. Foto: Rosellina Garbo

PALERMO, Teatro Massimo: 28.2.2019 – „LA FAVORITE“

Eine schöne Umsetzung der größtenteils erfunden Geschichte um Leonor de Guzman (1310 – 1351), der Maitraisse des Königs Alfonso XI, el Justiciero (der Rächer), (1311 – 1350). Es ist fraglich, ob sie ihn später doch geheiratet hat. Einer der vielen Kinder, die sie gemeinsam hatten, Enrique de Trastamara (1334 – 1379) wurde Heinrich II., König von Kastillien.  Schon eine große Karriere für die Tochter des adeligen jüdischen Kaufmanns Pedro Nunez de Guzman.

Die Produktion ist nicht neu, aber optisch sehr schön und versucht stilistisch die Zeit zu treffen, was größtenteils auch gelungen ist. Auf jeden Fall bei den Prospekten des Bühnenbildes. Die Kostüme, alles aus dem Fundus (und das ist gut so!), sind zum größten Teil historisch richtig. Die Ausstattung kam von Teatro Massimo und Ditta Arrigo (Milano) Die nicht mehr so neuen, aber hervorragend gearbeiteten Kostüme wurden sehr schön für jeden Darsteller perfekt angepasst. Diese Arbeit machte Francesco Zito  assistiert von Antonella Conte Szene und Ilaria Ariemme Kostüme ausgezeichnet. Herrlich, ein Kloster ist ein Kloster, ein Garten ein Garten und so weiter.

Allex Aguilera machte die Regie und konnte beweisen, dass er mit dem Chor etwas anfangen weiss. Etwas, das im „Regietheater“ nur sehr selten der Fall ist. Er führte auch die Protagonisten gut und sicher durch die Handlung. Francesco Lanzillotta hatte die schwierige Aufgabe, das alles andere als einfache Werk musikalisch gut aufzubereiten. Es gelang sehr gut, das Orchester spielte aufmerksam und sehr genau, der Chor unter Piero Monti sang ordentlich und war auch darstellerisch am Geschehen sehr beteiligt.

Gesungen wurde von sehr gut bis perfekt. Sonia Ganassi ist natürlich eine Garantie für eine großartige Gestaltung der Leonor. Stimmlich ist sie nach wie vor einfach überragend, die Stimme trägt in diesem Riesenhaus auch bei den zartesten Piani, die sie vor allem am Ende singen muss. Der in Leonor unglücklich verliebte Novize Fernand ist eine sehr gute Rolle des Belcantotenors John Osborn. Er trifft den Stil des Belcanto Donizettis genau, weiß um jede Phrasierung und bot wieder eine ebenso gute Leistung wie schon in Wien als Sänger des Pollione (Bellini) oder des Arnoldo (Rossini). Seine große Szene im vierten Akt begeisterte das Publikum und er wiederholte die Arie. Darstellerisch ist er ruhig und macht nichts falsch, ist aber auch nicht nur eine „Rampensteher“. Auch wurde er sehr vom Temperament seiner Partnerin mitgerissen. Simone Piazzola war der König Kastilliens, Alphons XI. Die Stimme hat ein sehr schönes Timbre, doch hatte ich manchmal den Eindruck, dass sie mit den Dimensionen dieses Hauses nicht immer ganz mithält, besonders im Mezzavoce. Das Duett mit Leonor und auch die Arie allerdings gelangen wirklich schön. Vielleicht war es auch die wetterbedingte Tagesverfassung. Die königliche Kleidung inklusive Krone war stilistisch richtig, einzig, warum fand sich für Piazzola keine Perücke? Dass die Krone einen Messerhaarschnitt ziert, geht gar nicht! Schade. Eine erfreuliche Entdeckung ist Marko Mimica als Balthazar, der Klosterabt von Fernand und Gesandter des Papstes. Eine sehr große und gut geführte Bassstimme, mit der er Strafe und ebenso Güte vermitteln kann. Der intrigante Don Gaspar wurde von Blagoj Nacoski richtig bösartig umgesetzt. Ein sehr erfreuliches Wiedersehen und Hören gab es mit Clara Polito in der kleinen, aber musikalisch sehr schönen Rolle der Ines. Opernfreunden und „Schlachtenbummlern“ ist sie von der Zusammenarbeit mit den „Amici del Belcanto“ und mit der Oper Banska Bistrica bekannt. Carlo Morgante war als Seigneur im zweiten Akt zu hören.

Die Ballettmusik, sonst meist gestrichen, war im zweiten Akt voll dabei, wurde von Carmen Marcuccio hübsch choreographiert und kam beim Publikum sehr gut an.

Natürlich wurde die originale Fassung, also in französischer Sprache gesungen. Nach meiner persönlichen Meinung ist und bleibt gerade diese Oper eine Italienische, und mir gefällt auch die italienische Version besser.

Die Produktion wurde nicht enthusiastisch, aber sehr positiv akklamiert. Man würde sich auch an anderen (nördlichen) Häusern solche Produktionen wünschen, sie sind verständlich und bringen Publikum, auch jüngere Menschen! Der Riesensaal war voll!

 

1.3. – RECITAL VON NICOLA ALAIMO

Stimmgewaltig vor dem Eisernen Vorhang mit voll geöffneten Flügel bestritt der Bariton Nicola Alaimo  aus Palermo in diesem Riesenhaus einen sensationellen Abend. Es herrschte sofort eine Bombenstimmung, als er den Abend bei völliger Dunkelheit mit einem alten palermitanischem Lied begann. Dann gab es Theaterlicht und das Riesenprogramm ging los. Als erstes lernte man einen „Figaro“ der Sonderklasse kennen, der wohl alle übers Ohr und den Tisch barbiert. Dies kann er mit Stimme und auch darstellerisch bleibt kein Wunsch offen. Ebenso bei der Gestaltung des „Gianni Schicchi„. Ein Schlitzohr, dass man  lieben muss. Sehr zu Herzen gehend dagegen der Monolog des „Michonet„, diese unglückliche Liebe und der Verzicht aus Liebe wurde mit Seele in der Stimme umgesetzt. Ein Beispiel feinsten Belcantos konnte man mit der Szene des „Severo“ aus „Poliuto“ „Decio, Signor del mondo, ...“ erleben. So singt man Donizetti! Wenn Gianni Schicchi schon erklang, darf wohl Falstaff nicht fehlen. Und was ist er für ein Falstaff, einfach großartig! Die Stimmung im Saal war überwältigend. Sein Begleiter am Flügel, der das Orchester bestens ersetzende Giuseppe Cina unterbrach das Monsterprogramm mit „Choix de melodies sur Rigoletto“ von Cramer, fast launig wie ein Barpianist. Dann allerdings kehrte Alaimo als überwältigender Rigoletto mit einem gewaltigen „Cortigiani“ wieder. Das Programm wurde vor der Pause noch mit dem Valzer per Pianoforte für Klavier und einem eindrucksvollen „Nemico della patria“ aus „Andrea Chenier“ beendet.

Der zweite Teil war dem Liedwerk von Francesco Paolo Tosti (Sogno, Malia und L´alba separa dalla luce l´ombra), sowie Ernesto de Curtis (Ti voglio tanto bene und Non ti scordar di me), Ernesto Tagliaferri e Nicola Valente (Passione) und Gaetano Emanuel Cali (E vui durmiti ancora) gewidmet. Alles natürlich bekannte Lieder die immer wieder begeistern können., aber ganz besonders sei erwähnt die Gestaltung von „Musica proibita“ von Stanislao Gastaldon die ich noch nie so intensiv hörte.

Die Diktion des Künstlers Alaimo ist einfach wunderbar, man versteht wirklich jedes Wort und kann den Text nahezu mit memorieren. Das Publikum war voll begeistert und wurde mit einem geschmettertem „Granada“ entlassen. 

Elena Habermann

 

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