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Oulo Symphony Orchestra. Werke von Ludvig Norman (1831-1885) Dirigent: Johannes Gustavsson

06.08.2022 | cd

norm

LUDVIG NORMAN (1831 – 1885)

  1. Konzert Ouvertüre, Op. 21
  2. Trauermarsch, Op. 46
  3. Ouvertüre zu Shakespeares Antony and Cleopatra
  4. Symphonie No. 3, Op. 58

Oulo Symphony Orchestra

Dirigent: Johannes Gustavsson

Ondine: ODE 1391-2

ENTDECKERFREUDEN!

Ein Menschenleben ist beklagenswert kurz, viel zu kurz, um den Reichtum der Musik komplett zu erschließen. Ein utopischer Gedanke! Das finnische Label Ondine gibt dem interessierten Musikfreund reichlich Gelegenheit, skandinavische Komponisten kennenzulernen. Die aktuelle CD ist dem schwedischen Komponisten Ludvig Norman (1831-1885) gewidmet, gelegentlich als „nordischer Brahms“ bezeichnet. Neben Franz Berwald zählt Norman zu den zentralen schwedischen Komponisten des 19. Jahrhunderts. Unzählige Lieder, Chormusik schrieb er, aber auch diverse Theatermusiken und vier Symphonien. Als Komponist, Dirigent, Pianist und Lehrer war er auch ein treuer Verehrer von Robert Schumann, dem er während seines Studiums in Leipzig begegnete. Schumann half Norman, mehrere seiner Stücke in Deutschland zu veröffentlichen, daher ist es nicht verwunderlich, dass Normans Musik stark von seinem Förderer beeinflusst wurde.

In der aktuellen Aufnahme der Werke Normans stellt sich das finnische Oulo Symphony Orchestra vor. Ein Orchester, dessen Gründung bereits im Jahr 1856 erfolgte und erst 1937 zum Oulo Orchestra wurde, bevor die Stadt Oulo es 1961 übernahm und zum Oulo Symphony Orchestra umbenannte. Aktueller Chefdirigent und Leiter dieser Aufnahme ist Johannes Gustavsson.

Zu Beginn ist auf der CD die 1856 entstandene Es-Dur Konzert Ouvertüre zu hören. Ein heiteres Werk, voller Zuversicht mit feinen melodischen Verläufen. Einflüsse von Schumann und Brahms lassen grüßen, dennoch Norman hat eine eigene kompositorische Handschrift, die von Anbeginn des Hörens verfängt. Bereits hier zeigt das Oulu Symphony Orchestra seine spielerische Klasse unter der animierten musikalischen Leitung seines Chefdirigenten Johannes Gustavsson.

Tief traf Norman der frühe Tod seines Komponisten Kollegen August Söderström, der mit gerade einmal 43 Jahren durch schwere Krankheit aus dem Leben gerissen wurde. Und so komponierte Ludvig Norman in Respekt und Zuneigung einen ergreifenden Trauermarsch in eher unüblicher Klanggeste. Musikalisch wirkt diese Komposition wie eine ernste und feierliche Referenz an den Verstorbenen, der musikalisch umschritten wird. Eine große Klage bleibt ausgespart. Faszinierend ist ein feiner musikalischer Subtext in der Instrumentierung. Wiederkehrend sind leise Schläge des Tam Tams zu hören, was dem Ganzen eine jenseitige Grundstimmung gibt. Das Oulu Symphony Orchestra überzeugt mit fein abgestimmtem Spiel, vorbildlicher Artikulation und gestalterischer Größe.

Mitreißend und mit viel Esprit wird Normans Ouvertüre zu Shakespeares Antony and Cleopatra dargeboten. Auch wenn Norman sich als Komponist absoluter Musik begriff, so hat es diese Ouvertüre in sich. Pulsierend in der Themenentwicklung mit z.T. sehr eigenen harmonischen Verläufen macht diese Theatermusik Lust auf mehr!

Mit der 1881 entstandenen Symphonie Nr. 3 gelang Norman ein besonderes Werk. Sein Komponisten Kollege Wilhelm Stenhammar war tief beeindruckt von deren Schönheit und meinte, dass sie jede Brahms Symphonie überträfe….

Das Werk beginnt mit einem Moll-Allegro appassionato voller Energie und Dramatik. Die Holzbläser befinden sich im permanenten Dialog mit den Tuttiklängen des Orchesters. Aus diesem Wechselspiel ergeben sich spannungsvolle Kontraste.

Das anschließende Andante cantabile bietet eine schöne, lang gesponnene lyrische Melodie, die diesem Satz seine besondere, an einen Hymnus gemahnende Qualität gibt.

Der dritte Satz erinnert in seiner Klangfolge an Brahms. Wie in dessen vierter Symphonie, so verwendet Norman hier auch eine Triangel als besonderen delikaten Klangeffekt. Dieses Scherzo wirkt ein wenig zurückgenommen, so dass es zuweilen eher an ein Interludium denken lässt.

Das kurze Finale ist in der Tongebung lebensfreudig und von prägnanten Rhythmen geprägt, die stets nach vorne drängen und vor allem durch wirkungsvolle Passagen der Blechbläser dem Finale einen effektvollen Schluss zusichert. 

In diesem Werk beeindruckt und überzeugt das Oulo Symphony Orchestra durch mitreißendes Spiel. Auffallend ist die bestechend schöne Klangkultur des Orchesters. Warm tönende kantabel wirkende Streicher, sauber artikulierende Blechbläser, die immer gut eingebunden im Orchesterklang sind. Charaktervoll und sensitiv zugleich die fein abgetönten Holzbläser. Das Dirigat von Johannes Gustavsson ist zupackend und begeistert in der Klarheit, in der er die musikalische Struktur und deren gehaltvolle Substanz mit viel Elan vermittelt. Immer lässt er die Musik atmen und pulsieren. Normans Musik klingt wichtig und präzise ausgearbeitet. Ein überzeugendes Plädoyer für einen weithin wenig bekannten Komponisten.

Bleibt zu hoffen, dass diese schöne CD-Einspielung dazu beiträgt, der Musik von Ludvig Norman im Konzertsaal zu begegnen. Ein informatives Beiheft und ein warmer, fein aufgefächerter Klang runden diese gelungene Aufnahme ab.

Dirk Schauß, August 2022

 

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