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Ole Bækhøj – über den neuen spektakulären Konzertraum und dessen Verknüpfungen zur Barenboim-Said Akademie / Berlin

Das Leading Team des Pierre Boulez-Saales (Intendant Ole Bækhøj) stand dem Online Merker für Fragen über den neuen spektakulären Konzertraum und dessen Verknüpfungen zur Barenboim-Said Akademie zur Verfügung. Das Interview führte Dr. Ingobert Waltenberger

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Ole Bækhøj (ganz rechts). Copyright: Thomas Rosenthal

 1)     Welchen Platz soll die Barenboim-Said Akademie im Berliner Musik- und Musikausbildungsleben einnehmen?

Erlauben Sie mir, zu dieser Frage Daniel Barenboim, Gründer und Präsident der Akademie zu Wort kommen zu lassen: „Ich sehe die Akademie als eine Initiative, die Entwicklung denkender junger Musiker durch intensive musikalische und besonders auch philosophische Weiterbildung zu fördern, denn Musik gibt uns die Möglichkeit, uns gleichsam von der Welt zu entfernen und sie besser zu verstehen. Unser gemeinsames Ziel dabei ist vor allem, neben fachlicher Exzellenz, einen Geist geprägt von gegenseitigem Verständnis zu schaffen“.

2)     Wie viele junge Leute können pro Jahr ausgebildet werden? Mit welchem Abschluss verlassen sie die Akademie?

Zum Wintersemester 2016/2017 werden 30 junge Studierende aus dem Nahen Osten im Geist des West-Eastern Divan Orchestra ihre Ausbildung beginnen können. Mit 80 bis 90 Studierenden wird die Akademie 2018/19 voll ausgelastet sein.

3)     Wie funktionieren die Hochbegabten-Stipendien? Werden neben Studenten aus Israel und arabischen Herkunftsländern auch Musiker aus Deutschland ausgebildet werden?

Das Auswärtige Amt unterstützt das Projekt in der laufenden Legislaturperiode mit insgesamt 4 Mio. Euro. Neben Stipendien für die ersten Studierenden wurde damit die Aufbau- und Pilotphase des Studienbetriebs ermöglicht.

 4)     Die Konzerthalle wird auf jeden Fall ein architektonisches Juwel in Berlin. Wie wollen Sie eine allfällige Konkurrenz zu anderen Spielstätten in Berlin vermeiden?

 Der Pierre Boulez Saal ist ein modularer Raum, der durch wechselnde Konfigurationen der mobilen Sitzreihen verschiedene Gestalten annehmen kann. Jedes Konzert kann so auch räumlich zu einer unverwechselbaren Erfahrung werden. Auf 850 Quadratmetern wird die Distanz zwischen dem Dirigenten und dem entferntesten Sitzplatz nicht mehr als 14 Metern betragen. Der Saal wird bis zu 620 Zuhörern Platz bieten und eine intime Stimmung vermitteln, die Kammerkonzerten angemessen ist.

 5)     Welchen Stellenwert wird das Konzertleben im Verhältnis zum Ausbildungszweig der Akademie haben?

 Die beiden werden einander ergänzen und durchdringen. So werden Studenten in Konzerten auftreten, können aber qauch alle Proben und Konzerte von Gastkünsterln besuchen. Organisatorisch sind die beiden institutionen getrennt, der Konzertsaal wird in Eigenregie geführt, es werden aber derzeit Kooperationen mit anderen Institutionen und auch die Möglichkeit, an andere Veranstalter zu vermieten, geprüft.

6)     Es kommt sicherlich nicht häufig vor, dass ein Außenministerium aktiv so ein großes Kulturprojekt fördert. Welchen politischen Einfluss kann eine musikalische Kulturinstitution wie die Barenboim-Said Akademie in Europa, aber auch global haben?

Ich möchte zu dieser Frage Staatsministerin für Kultur Monika Grütters zitieren, die das aus meiner Sicht sehr zutreffend beschrieben hat: „Ein friedliches, von gegenseitigem Respekt geprägtes Zusammenleben der Kulturen im Nahen Osten scheint heute utopischer denn je. Doch in der Barenboim-Said Akademie werden junge Menschen aus der arabischen Welt und aus Israel zusammen musizieren, lernen und arbeiten. Umso kühner empfinden wir auch heute noch die Vision dieses wegweisenden kulturellen Versöhnungsprojekts, das nun hier in Berlin, an einem geschützten Ort fern des Kriegs- und Krisenalltags, junge Menschen zu Botschafterinnen und Botschaftern der Idee werden lässt: Frieden ist möglich! Die Unterstützung dieses Vorhabens durch mein Haus ist deshalb nicht einfach nur ein Stück Kulturförderung, das der kulturellen Vielfalt Deutschlands dient. Sie darf durchaus auch als Beitrag der Bundesrepublik zum Friedensprozess im Nahen Osten verstanden werden.“

7)     Das Projekt wird als PPP verwirklicht. Ist die Barenboim Akademie damit auch bezüglich der Finanzierung ein wegweisendes Kulturprojekt?

Der Bau der Barenboim-Said Akademie bewegt sich im anvisierten Zeitplan – er kann auch innerhalb des Budgets von 33,7 Millionen Euro realisiert werden. 20 Millionen Euro fließen aus dem Etat der Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters in das Bauprojekt. Die Restkosten bringen private Spender auf. Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung finanziert einen Lehrstuhl, der nach dem Mitbegründer des West-Eastern Divan Orchestra, Edward Said, benannt wird. Die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin hat mit einer halben Million Euro einige Finanzierungslücken geschlossen. Das Land Berlin und die Stiftung Oper in Berlin haben das Gebäude auf Grundlage eines Erbpachtvertrags über 99 Jahre zur Verfügung gestellt. Die Betriebskosten werden im Haushalt der Staatsministerin für Kultur Monika Grütters etatisiert.

8)     Der Pierre Boulez Saal, entworfen von Frank Gehry, wird das Herz des Unternehmens bilden. Gibt es schon Überlegungen zum Programm und zur Programmatik im Generellen?

Die Vision für den Pierre Boulez Saal reflektiert den humanistischen Grundgedanken von Bildung durch Musik; in seinen Konzertprogrammen sollen sich Tradition und Erneuerung, Vertrautes und Fremdes gegenüberstehen. Neben den großen Kammermusikwerken der Tradition des 18. und 19. Jahrhunderts werden auch zentrale Werke des 20. Jahrhunderts sowie zeitgenössische Musik zu hören sein. Die Intendanz des Pierre Boulez Saal vergibt darüber hinaus Kompositionsaufträge und realisiert ihre Uraufführungen. Führende internationale Solisten und Ensembles werden regelmäßig im Pierre Boulez Saal gastieren. Darüber hinaus ist der Saal auch das musikalische Zuhause des neugegründeten Boulez Ensemble. Es besteht mehrheitlich aus Mitgliedern der Staatskapelle Berlin und des West-Eastern Divan Orchestra. Die erste Saison des Pierre Boulez Saals beginnt am 4. März 2017 mit einem Konzert und einem Festakt. Das Programm des Pierre Boulez Saals wird in einer Presskonferenz am 12. September 2016 vorgestellt werden. Tickets für die Eröffnungssaison sind vom 12. September an erhältlich.

9)     Können Sie uns schon verraten, wer an der Akademie unterrichten wird?

Die Barenboim Said-Akademie hat Lehrmöglichkeiten auf Weltniveau, die spezifisch auf die fast utopische erzieherische Mission aufbaut. Als Lehrende im Instrumentenbereich fungieren unter anderem Radek Baborák, Matthias Glander, Nelson Goerner, Frans Helmerson, Mihaela Martin und Axel Wilczok. Der Klarinettist und Komponist Jörg Widmann wird Kompositionslehre unterrichten. Die akademische Leitung der Barenboim-Said Akademie hat Dekan Dr. Mena Mark Hanna inne, PhD der Oxford University, das „Humanities Programme“ wird von Dr. Roni Mann, S.J.D. der Harvard Law School,  leitend betreut.

10)  Welches Ziel soll die Akademie mittelfristig erreichen? Was macht das Innovative der Akademie aus?

Die Barenboim Said Akademie ist eine gänzlich einzigartige und originelle Bildungseinrichtung. Sie verbindet das ernsthafte Streben nach Musizieren mit Studien der Humanwissenschaften, die auch Basiskurse in Philosophie, Geschichte und Literatur umfassen.

 

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