Ötisheim und Ölbronn-Dürrn: Künstlertreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft am 19./20. Oktober 2024
Begeisternder sängerischer Nachwuchs!
„Der schwärzeste aller Bässe“ – so pflegt man sich an den großen Gottlob Frick nicht nur bei der Gottlob-Frick-Gesellschaft (GFG) zu erinnern, sondern in der ganzen Opernwelt. Möglicherweise hat er den Begriff des „schwarzen Basses“ begründet, der gerade bei Wagner bei Publikum wie Presse immer wieder als Referenz genannt wird. Unvergessen und immer wieder ein Erlebnis ist sein Hagen in der Plattenaufnahme der „Götterdämmerung“ aus dem „Ring des Nibelungen“ von Georg Solti in den Wiener Sofien-Sälen 1964 mit Birgit Nilsson, Hans Hotter, George London, Wolfgang Windgassen, Christa Ludwig, Gustav Neidlinger und anderen Wagner-Stars der damaligen Zeit.
Die GFG hält die Erinnerung an den großen Sänger aufrecht mit der Gottlob-Frick-Gedächtnisstätte im Rathaus von Ölbronn. Zudem fördert die Gesellschaft junge Sänger, indem ihnen eine Plattform gegeben wird, sich beim jährlichen Künstlertreffen vor einem fachkundigen Publikum aus Sängern, Gesangspädagogen, Intendanten, Regisseuren, Dirigenten, Agenten und Medienvertretern zu präsentieren. Sänger, die bei der Gesellschaft in ihren Anfangsjahren aufgetreten sind, waren unter anderen: Günther Groissböck, Anke Vondung, Tomasz Konieczny, Georg Zeppenfeld, Christa Mayer, Vincent Schirrmacher und Josy Santos. Die GFG wird von Präsident Thomas Kleinheinz und dem Ehrenpräsidenten Hans Hey geleitet.
Anja Silja und Falk Struckmann. Foto: Klaus Billand
Auch dieses Jahr gab es wieder eine große Versammlung verdienter Sänger wie Anja Silja, Renate Behle, Oscar Hillebrandt, Jochen Kowalski, Eike Wim Schulte, Falk Struckmann, Michail Milanov et al., die sich blendend untereinander austauschten. Der Höhepunkt des Treffens war aber der Festakt mit musikalischer Umrahmung, eine Sängervorstellung mit Verleihung der Gottlob-Frick-Medaillen.
Die ganz großen Höhepunkte dieses Künstlertreffens waren drei junge Sänger, die sich in bester Tradition der Gesellschaft mit hervorragenden stimmlichen Leistungen präsentierten. Das waren am 1. Tag beim Festakt der 1988 in Thailand geborene Tenor Nattha Thammathi und am 2. Tag der österreichische Bassbariton Thomas Weinhappel, der einen blendend gesungenen und auch – wie immer bei ihm – gestalteten Holländer-Monolog aus dem „Fliegenden Holländer“ von Richard Wagner vortrug. Er wurde von Irene-Cordelia Huberti, Studienleiterin und Korrepetitorin am Nationaltheater Mannheim, am Flügel begleitet. Ebenfalls am 1. Tag beeindruckte die finnische Sopranistin Paulina Linnosaari. Sie und Thammathi, beide Ensemblemitglieder beim Badischen Theater Karlsruhe, zogen ein regelrechtes Puccini-Feuerwerk ab, denn diesem Komponisten wurde wegen seines 100. Todestages 2024 das Konzert gewidmet.
Nattha Thammathi, Paulina Linnosaari. Foio: Klaus Billand
Thammathi konnte schon gleich mit der Arie des Des Grieux aus „Manon Lescaut“ das Publikum für sich einnehmen und setzte dessen regelrechten Begeisterungstaumel mit „Che gelida manina“ aus „La Bohème“ und mit dem Duett mit ihr aus „Tosca“, „Mario! Mario! Mario!“ fort. Der Tenor hat neben der emotionalen Ausstrahlung seines Vortrags eine hervorragend fokussierte Stimme, die mit klarem Spinto-Aplomb alle Spitzentöne mühelos meistert und auch in der Mittellage gute Resonanz ausstrahlt. Das Publikum schien regelrecht beglückt, was auf den Sänger abfärbte. Nachdem er noch „E lucevan le stelle“ aus „Tosca“ und die Arie des Pinkerton „Addio fiorito asil“, sowie das obligate „Nessun dorma“ aus „Turandot“ gesungen hatte, gaben beide noch einige ebenso begeisternde Zugaben. Das Publikum wollte sie einfach nicht ziehen lassen…
Paulina Linnosaari war Thammathi eine nahezu ebenbürtige Partnerin und stellte ihren kraftvollen Sopran zunächst mit der Arie „In quelle trine morbide“ aus „Manon Lescaut“ unter Beweis, der sie ein emotionales „Si, mi chiamono Mimi“ aus „La Bohème“ folgen ließ. Wenn ihre Stimme besser fokussiert wäre, könnte sie ein noch eindrucksvolleres vokales Ergebnis erzielen. Ihr sängerischer Höhepunkt wurde nach der Pause „Vissi d‘arte, vissi d’amore“ aus „Tosca“, und mit der Arie der Butterfly „Un bel di, vedremo“ konnte sie auch ihre Attacke unter Beweis stellen. Mit der Arie der Liu „Tu che di gel sei cinta“ aus „Turandot” ließ Linnosaari auch noch ihre lyrischen Qualitäten hören. Die beiden und Thomas Weinhappel waren d e r künstlerische Höhepunkt des diesjährigen GFG-Künstlertreffens.
Das sehr gut und engagiert spielende Heilbronner Sinfonie-Orchester wurde von Professor Alois Seidlmeier geleitet und trug wesentlich zur hohen musikalischen Qualität des Treffens bei. Man begann mit dem Preludio sinfónico A-Dur op. 1, spielte dann zwischen den Gesangsnummern ein sehr intensives Intermezzo sinfónico aus dem 3. Akt „Manon Lescaut“, das Vorspiel (Preludio) zum 3. Akt „Tosca“, und das Vorspiel zum 3. Akt „Edgar“.
Am 2. Tag gab es einen interessanten und auch informativen runden Tisch mit dem Countertenor Jochen Kowalski und der Kammersängerin Renate Behle. Unter der launigen Moderation des Journalisten und Filmemachers Thomas Voigt plauderte man vor allem aus dem Nähkästchen und sorgte so für einiges Amüsement im Publikum.
Das einzige, was fehlte, war ein eigener Programmpunkt zu Gottlob Frick, denn nicht jeder im Publikum hat Gespräche bei früheren Treffen über ihn mitbekommen. Ausgerecht die CD-Aufname mit dem Monolog des Daland aus dem „Fliegenden Holländer“ ging technisch schief…
Am 1. Tag wurden Professor Alois Seidlmeier, Paulina Linnosaari und Nattha Thammathi mit der Gottlob-Frick-Medaille geehrt. Am 2. Tag waren es Irene-Cordelia Huberti und Thomas Weinhappel, der Bariton Tomas Garcia Santillan, der für einen erkrankten Sänger erfolgreich eingesprungen war, und Yukari Fukui. Nach dem runden Tisch erhielten Jochen Kowalski, Margret Schaal, Erika Sommer und Michail Milanov ebenfalls die Medaille. Alle waren glücklich und zufrieden!
Klaus Billand