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Nuron MUKUMI (Pianist). „Eine vielfältige und schöne Erfahrung!“

14.12.2023 | Instrumentalsolisten

Eine vielfältige und schöne Erfahrung!“ – ein Interview mit dem Pianisten Nuron Mukumi

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Nuron Mukumi. Copyright: Mike

Der 27-jährige deutsch-usbekische Pianist Nuron Mukumi überzeugte mit Beethovens fünftem Klavierkonzert opus 73 zusammen mit dem Staatlichen Sinfonieorchester Litauen. Die Zugaben, die er in der vollbesetzten Kölner Philharmonie spielte, wurden zu einer wahrhaft neuen „Klavier-Erfahrung“. Damit bestätigte sich der hervorragende Ruf, der dem jungen, aus Usbekistan stammenden Pianisten mittlerweile vorausgeht. Zwischen der letzten Anspielprobe in der Kölner Philharmonie und dem großen Auftritt gab es Gelegenheit für ein Backstage-Gespräch.

Herr Mukumi, hätten Sie vor ein paar Jahren gedacht, dass Sie mal so erfolgreich unterwegs sein würden wie heute?

Vor ein paar Jahren war vieles wegen Corona etwas schwierig. Aber ich war auch schon vor Corona sehr aktiv. Ich freue mich, dass es jetzt wieder gut läuft und im letzten Jahr eine tolle Möglichkeit mit dem Nationalen Sinfonieorchester der Ukraine auf Tournee zu gehen und jetzt mit dem Staatlichen Sinfonieorchester Litauen.

Ich denke, die Zwangspause aufgrund der Corona-Maßnahmen war gerade für junge Musiker, die sich noch in einer Entwicklungsphase befinden, besonders schwierig. Das wirkt sicherlich anders als auf jemanden, der seit 30 Jahren im Geschäft ist, oder? Wie sehen Sie das?

Ich denke, es war für jeden anders. Einige meiner Kollegen haben monatelang überhaupt nicht gespielt, andere haben in der Zwischenzeit viel unternommen, vor allem online.

Können Sie mir die wichtigsten Stationen Ihres bisherigen Werdegangs nennen?

Ich habe schon mit sechs Jahren angefangen, Klavier zu spielen und mit sieben Jahren das Dirigieren entdeckt. Mit acht hatte ich ein Konzert mit dem Nationalen Sinfonieorchester von Usbekistan, von dem es ein Video auf YouTube gibt, auf dem ich Mozarts Klavierkonzert in d-Moll KV 466 spiele und gleichzeitig das Orchester dirigiere.

Wie kam es zu einem solch prominenten Konzert in jungen Jahren?

Der Chefdirigent des Orchesters, Vladimir Neymer war damals mein Dirigierlehrer. Er vertrat die Theorie, dass man schon früh mit dem Dirigieren beginnen kann. Nach diesem Video hatte ich das Glück, ein Stipendium zu bekommen. Ich war drei Jahre lang in London an der Purcell School of Music und kam dann mit vierzehn Jahren nach Frankfurt am Main um bei Prof. Lev Natochenny an der Musikhochschule zu studieren. Seitdem bin ich in Deutschland. Zwischendurch habe ich noch in Basel und Paris studiert und mache jetzt mein Konzertexamen an der Musikhochschule in Hamburg bei Prof. Hubert Rutkowski.

Nochmal zurück zu Usbekistan und Ihren guten musikalischen Grundlagen. Kann ich davon ausgehen, dass das Musikwesen in diesem Land hoch geschätzt wird?

Das kann ich durchaus bestätigen. Wir hatten eine großartige Musikschule aus der viele bekannte Pianisten stammen: Yefim Bronfman, Behzod Abduraimov, Alexei Sultanov. Allerdings kenne ich mich dort heute nicht mehr so gut aus, weil ich schon mit 11 Jahren nach London umgezogen bin und mittlerweile seit 17 Jahren in Europa lebe.

Machen wir doch jetzt mal einen kleinen Zeitsprung in die Gegenwart. Was bedeutet es Ihnen, hier in Köln Beethovens fünftes Klavierkonzert aufzuführen?

Es ist ein fantastisches Gefühl, hier in der Kölner Philharmonie zu musizieren! Das Klavierkonzert ist nicht einfacht, aber es ist ein tolles Stück und es dauert fast 100 Seiten bzw. 40 Minuten lang. Alles ist von einer lebensfrohen Stimmung geprägt, die sich in der Musik widerspiegelt. Beethoven geht hier mit voller Energie nach vorne.

Vielleicht werfen wir mal einen Blick in die Noten und betrachten ein paar Stellen, die Ihnen besonders gut gefallen?

Bei allen Beethoven-Klavierkonzerten ist der zweite Satz besonders schön, aber hier gibt es noch eine weitere Besonderheit. In der Partitur steht die Anweisung „dämmernd“ – also die Stimmung einer Ferne, in der man den allerletzten Stern der Nacht leuchten und gleichzeitig den nächsten Tag am Horizont sehen kann. Beethoven schafft es, diesen besonderen Moment des Tagesanbruchs im Übergang vom zweiten zum dritten Satz einzufangen. Steht der zweite Satz noch – ganz im Zeichen der Dämmerung – in H-Dur, moduliert Beethoven bereits in den letzten Takten des zweiten Satzes in das viel wärmere Es-Dur. Die Sonne kommt sozusagen schon am Ende des zweiten Satzes ganz langsam heraus. Das hat Beethoven wirklich geschickt gemacht. Der dritte Satz ist ein Rondo, ein Walzer mit einem mitreißenden Rhythmus. Es ist wirklich schön und macht Spaß, wie das Klavier mit dem Orchester in Dialog tritt und einander begleitet. Es ist eine sehr vielfältige und schöne Erfahrung!

Gibt es vielleicht etwas, das Sie interpretatorisch anders angehen als andere Musiker?

Das ist eine schwierige Frage, die sich, glaube ich, immer nur begrenzt beantworten lässt. Ich habe in letzter Zeit wenig Aufnahmen von anderen Musikern gehört, um mich eben voll darauf konzentrieren zu können, was ich selbst an den Stücken entdecken kann. Bei Beethoven reizt mich vor allem dieser freiheitsliebende Geist, es gibt viele improvisatorische Elemente mit ausgiebigen Arpeggien und Tonleitern. In dieser Hinsicht gefällt mir, wie Friedrich Gulda damit umgegangen ist, der spielte ebenfalls sehr improvisatorisch und frei.

Dabei hat Beethoven jedes Detail in seinen Noten festgehalten, was zunächst überhaupt nicht nach Improvisation aussieht. Beethoven hat sicherlich mit den Formen und Konventionen gebrochen und neue Wege eingeschlagen, aber er hat trotzdem nichts dem Zufall überlassen.

Sie spielen heute auf einem Shigeru Kawai-Flügel, genauer gesagt auf dem Shigeru Kawai SK EX. Wie lange spielen Sie schon auf solchen Instrumenten?

Auf diesem hier spiele ich erst seit heute Mittag. Aber ich schätze diese Instrumente schon seit längerem und freue mich immer, wenn bei einem Konzert ein solcher Flügel zur Verfügung steht. Es ist nicht einfach, einen solchen Flügel zu finden, da sie meines Wissens in viel geringerer Stückzahl als andere Marken produziert werden.

Was ist anders am Shigeru Kawai im Vergleich zu anderen Marken?

Wenn man einen fantastischen Flügel hat, fühlt man sich beim Spielen sofort wohl – und das ist hier beim Shigeru Kawai SK EX in der Kölner Philharmonie definitiv der Fall. Ich empfinde es so, dass dieses Instrument besonders feinfühlig reagiert und ich genau das bekomme, was ich möchte. Es ist wirklich ein Erlebnis. Wenn der Flügel perfekt ist, muss man sich nicht an dem Instrument abarbeiten und sich auch nicht so sehr anstrengen, um einen speziellen Klang zu erzeugen. Es ist wirklich eine reine Freude und irgendwie fühlt es sich an, als ob ich dieses Instrument schon lange kenne.

Vielen Dank für dieses Gespräch. Ich freue mich auf das Konzert!

Danke, ich mich auch!

Das Interview führte Stefan Pieper

fotos © stefan

 

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