Nur Digital „Romanza“: Die Kunst der Kammermusik – Andreas Ottensamer und José Gallardo mit Werken für Klarinette und Klavier; Deutsche Grammophon
Gesehen hatte man ihn schon länger nicht mehr an Klarinettenpult der Berliner Philharmoniker, dem Orchester, dem der österreichische Klarinettist Andreas Ottensamer seit 2011 angehörte. Im Februar dieses Jahres gab Ottensamer bekannt, dass er seine Solostelle bei den Berliner Philharmonikern zugunsten einer Dirigentenkarriere aufgeben will. Aus diesem Anlass hat Ottensamer in einem Interview mit dem BR gemeint, er wolle künftig 85 Prozent dirigieren mit offen bleibender Balance zwischen Solisten- und Orchesterleitertätigkeit für die Zukunft.
Bekanntlich ist Ottensamer schon längere Zeit Assistent von Sir Simon Rattle, dem Chefdirigenten des Bayerischen Rundfunk-Symphonieorchesters. Nun ist der sportliche, tennis-affine Musiker, der sich mit Reisen zwischendurch eine Auszeit aus dem strapazierenden Klassik-Betrieb gönnte, als Klarinettist wieder da.
Sehr erfreulich für seine Fans und diejenigen, die kultiviertes Klarinettenspiel schätzen. Denn das nun digital vorliegende Album zeigt Andreas Ottensamer auf seinem Instrument in guter „alter“ Verfassung. Er hat das in seiner Gesamtheit am 30. Mai erscheinende Album mit dem argentinischen Pianisten José Gallardo erarbeitet. Gemeinsam mit diesem künstlerischen Freund hat Ottensamer auch das Sommers malerisch über dem Vierwaldstättersee stattfindende schweizerische Bürgenstock Festival gegründet hat und leitet es künstlerisch.
Wie der Name des Albums „Romanza“ verrät, liegt Romantik in der Luft. Original für Klarinette und Klavier komponiert oder für dieses attraktive Instrumenten-Gespann transkribiert, stehen Schumann, Schubert, Brahms, Debussy, Gershwin, Poulenc, Rachmaninov, Saint-Saëns, Satie, Rota oder Horovitz auf dem klangkulinarischen Menü.
Eine erste Single, der Eingangssatz aus Templetons Pocket Size Sonata Nr. 1, ist schon jetzt als Stream und Download erhältlich. Brahms’ Andante un poco adagio aus der „Klarinettensonate“ in f-Moll, op. 120 Nr. 1 kam am 2. Mai heraus, Saties „Gymnopédie“ Nr. 1 am 16. Mai.
16 Tracks sind es insgesamt, atmosphärisch still verhalten, meditativ-nachdenklich, mit Hang ins Melancholische. Im Zentrum stehen die „Drei Romanzen“ op. 94 von Robert Schumann. Dazu gesellen sich Ausschnitte aus Franz Schuberts „Arpeggione Sonate“ in a-Moll, D. 821 (Adagio) und Nino Rotas „Klarinettensonate“ in D-Dur oder Poulencs „Klarinettensonate“, FP 184 (Romanza). Gershwins Prélude Nr. 2, Claude Debussys Prélude Nr. 8 „La fille aux cheveux de lin“ bzw. dessen „Rêverie“ sowie zwei Bearbeitungen von Stücken mit Gesang runden das Programm ab: Sergej Rachmaninovs „Vocalise“ sowie Gustav Mahlers „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ aus den Rückert-Liedern.
Fazit: Musik für eine stille Stunde abseits von Lebenslärm und Hast.
Aus dem Terminkalender von Andreas Ottensamer
5. Juni – Residenz, Würzburg, Dirigent
6./7. Juni – Bürgenstock Festival (mit Gallardo und Freunden)
24.-29. Juni – Risør Chamber Music Festival ·
12. Juli – Kobe International Music Festival (als Dirigent)
18./19. Juli – Hitachi Systems Hall, Sendai (als Dirigent) ·
26./27. Juli – Budapest Festival (als Dirigent)
28. Juli – Klosters Music (Kammermusik) ·
30. Juli – Menuhin Festival, Gstaad (Kammermusik)
Kostprobe: Brahms: Klarinettensonate in f-Moll, Op. 120 No. 1: II. Andante un poco adagio
https://www.youtube.com/watch?v=ZUy3yxAOr5w
Dr. Ingobert Waltenberger