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NÖ / Sitzenberg: KOMTESSE MIZZI / ANATOLS HOCHZEITSMORGEN

09.06.2013 | Theater

NÖ / Sommerspiele Schloß Sitzenberg:
KOMTESSE MIZZI / ANATOLS HOCHZEITSMORGEN von Arthur Schnitzler
Premiere: 7. Juni 2013,
besucht wurde die Nachmittagsvorstellung am 9. Juni 2013

Schon an ihrem ersten Wochenende (die Premiere war am Freitag) schien sich am Sonntagnachmittag für die Sommerspiele auf Schloß Sitzenberg der bekannte Max-Reinhardt-Spruch zu bewahrheiten: Nördlich von Verona soll man keine Freilichtspiele veranstalten (gemünzt auf den Salzburger Schnürlregen und den Domplatz-Jedermann). Dicke Regentropfen auch im Hof des wunderhübschen niederösterreichischen Schlosses, wo die Aufführung von zwei Schnitzler-Einaktern vorgesehen war – schon zum zehnten Mal zieht Michaela Ehrenstein, in Wien Leiterin der Freien Bühne Wieden, hier im Sommer heraus, um dem Publikum leichte Kost vorzusetzen.

Und wie immer wieder – Kritiker haben gelernt, das zu bewundern – erwies das Publikum, das sich zu Sommerspielen einfindet, Geduld, Durchhaltekraft und Entschlossenheit. Mit Regenhäuten und Schirmen war man eisern darin, der Natur zu trotzen – und diese hatte Mitleid: Mit nur einer Viertelstunde Verspätung ging Arthur Schnitzlers berühmter Einakter „Komtesse Mizzi“ in Szene, und schließlich strahlte sogar die Sonne über einem Unternehmen, das sich die Gunst der Theatergötter verdient hat.

Es passt alles zusammen: Der Schlosshof, der sich ideal zum Schlösschen des Grafen Pazmandy wandelt, der hier mit seiner Tochter, der Komtesse Mizzi, lebt – damals, Ende des 19. Jahrhunderts, war eine 38jährige ja wohl schon ein spätes Mädchen. Die weißen Korbmöbel von Erwin Bail, die unauffällig eleganten Kostüme von Babsi Langbein (die dann durchaus „ausreißen“, wenn es gilt, eine ehemalige Ballett-Tänzerin aufzustaffieren) schaffen das richtige Milieu. Und Regisseur Reinhard Hauser hatte nicht nur die richtigen Schauspieler, sondern auch sehr viel Sensibilität dafür, was diese Schnitzler’schen Menschen umtreibt – wie er ihre Interaktion in Szene setzte, bewies das wahre Verständnis für das Stück und seine Welt.

Wobei der Autor, der sonst den Adel nur selten in seine Werke einbaute, in diesem Komödien-Anlassfall doch recht freundlich mit ihnen umging. Besonders die resignierende titelgebende Komtesse ist eine sehr gescheite, sehr liberale Frau, die zwar aus den Zwängen ihrer gesellschaftlichen Grenzen nicht heraus konnte, sich ihr Leben innerhalb dieser aber sehr individuell eingerichtet hat.

Dabei spielt Intendantin Michaela Ehrenstein (der Spielplan wird schon ein wenig darauf ausgerichtet, dass sie glänzen kann) nicht die Rebellin, sondern vor allem die elegante, souveräne Dame, die alles durchschaut und mit ihrem Lächeln bedenkt: Das waren noch Zeiten, wo man Gefühle nicht in Talk-Shows totquatschte… Und dass sich das Publikum „mucksmäuschenstill“ in diese an sich fremde Welt (mit ihrer teilweise fremden Sprache) fasziniert mitnehmen ließ, spricht für Inszenierung und Darstellung.

Gerhard Dorfer: ein Graf und ein Mensch zugleich. Wie er seinen Liebeskummer spürbar werden lässt (seine langjährige Balletteusen-Geliebte hat ihn verlassen), ist stellenweise bezaubernd. Felix Kurmayer als Fürst macht sehr gute, noble Figur (wie vielen jungen Schauspielern kann man heute noch weiße Anzüge anziehen, und sie gehen in ihrer Attitüde glaubhaft als „Schnitzler-Herren“ durch?), er hätte ihn durchaus ein bisschen dümmer erscheinen lassen können, aber es geht auch so. Sebastian Blechinger poltert ein wenig grob durch die Paraderolle des neu entdeckten Grafen-Sohnes, das hätte ein bisschen geschliffener und weniger tölpelig ausfallen können, bewegt sich aber innerhalb der Parameter der Rolle. Nur Christoph Prückner sollte den Mallehrer der Komtesse nicht dermaßen als Künstler-Fatzke anlegen, denn es ist kaum glaubhaft, dass er so, wie er ist, einer Dame von so gutem Geschmack wie Mizzi vorübergehend als Liebhaber dienen durfte…

Im übrigen holt sich die zweite Dame des Stücks die Zuneigung des Publikums: Christine Renhardt, overdressed und noch mit Hündchen im Arm, war ein liebenswertes spätes Mädchen aus dem Volke, das weiß, wo sein Platz ist…

Kleiner Einwände ungeachtet, kam dieser Einakter – eines der Schnitzler’schen Meisterstücke, mit einer bewundernswert perfekten Dramaturgie – goldrichtig auf das Publikum zu, und von der Substanz her hätten diese eineinviertel Stunden wohl genügt. Aber nach der Pause gab es noch die Groteske „Anatols Hochzeitsmorgen“, nicht ganz so gelungen und letztlich entbehrlich. Aber die kluge Komtesse sollte man sich nicht entgehen lassen.

Renate Wagner

Bis 23. Juni 2013:

Freitag 14.Juni 2013, 20 Uhr
Samstag 15. Juni 2013, 16 u. 20 Uhr
Sonntag 16. Juni 2013, 16 u. 20 Uhr

Donnerstag 20. Juni 2013, 20 Uhr
Freitag 21. Juni 2013, 20 Uhr
Samstag 22. Juni 2013, 16 u. 20 Uhr
Sonntag. 23. Juni 2013, 16 Uhr

Bei Schönwetter im Arkadenhof, bei Schlechtwetter im Veranstaltungssaal der Schule Sitzenberg/Reidling, Kirchengasse 8.

 

 

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