08.10.2016 MET/Kino „Tristan und Isolde“
Nina Stemme (Isolde). Copyright: Metopera/ Ken Howard
Ich darf erneut betonen, mit Wagner-Opern nicht auf bestem Fuß zu stehen, daher möge man mir verzeihen, wenn meine Kritik ein wenig distanziert klingen mag. Einige Allgemeinplätze seien zu Beginn erlaubt. Wagners Oper stellt an die Akteure höchste Ansprüche, Kraft, Durchhaltevermögen, Konzentration und Disziplin sind unabdingbare Voraussetzungen für das Gelingen dieses Werkes – das war am gestrigen Abend durchaus gegeben-.
Daneben muss die Geschichte der beiden Liebenden aber auch in einem passenden Rahmen ablaufen, da hatte man dann schon leichte Probleme, denn das Bühnenbild von Boris Kudlicka war an Nüchternheit, Kälte und völligem Fehlen von Romantik kaum zu übertreffen. Das Liebesduett vor Fässern mit vermutlich hochgiftigem Inhalt (wahrscheinlich eine Anspielung auf den Liebestod) wirkt nicht eben glaubwürdig. Auch die Todesszene im Spital hatte wenig Ansprechendes. Regisseur Mariusz Trelinski vermittelte erfolgreich seine Idee, das zeitlose Drama in eine Unzeit, vermutlich den zweiten Weltkrieg zu versetzen, zumindest lassen die Filmsequenzen über den Blick aus dem Periskop eines U-Bootes darauf schließen. Teile des dritten Aktes fanden in völliger Dunkelheit statt, auch das ist für den Zuseher nicht befriedigend.
Damit muss man aber auf die großartigen Leistungen der Sänger zu sprechen kommen. An der Spitze ist natürlich Nina Stemme als Isolde zu nennen, ihre schier endlosen Kraftreserven ermöglichten es ihr, bis zum bitteren Ende ohne Einbuße an Dramatik und mit sicher gesetzten Höhen diese mörderische Partie zu bewältigen. Der australische Tenor Stuart Skelton war als Tristan bemüht, mit seiner Partnerin stimmlich auf gleicher Höhe zu sein. Seine Kräfte waren ausreichend, wenn man auch den Eindruck hatte, dass er im Liebesduett des zweiten Aktes am Rande seiner Möglichkeiten stand. Die Sterbeszene gelang ihm aber wieder vortrefflich. Ekaterina Gubanova sang die Brangäne mit großem Einfühlungsvermögen, ihr klarer, leuchtender Mezzo gefiel, sie bestach auch durch Präzision und Wortdeutlichkeit. Eine Klasse für sich war Rene Pape als König Marke. Sein profunder Bass ist für diese Rolle wie geschaffen. Vor allem seine Klage über den vermeintlich treulosen Freund war beeindruckend. Gut ins Ensemble fügte sich auch Evgeny Nikitin als Kurwenal, er gestaltete die kleine Rolle mit viel Mitgefühl für den tödlich verwundeten Tristan.
Eine große Herausforderung bedeutet dieses Werk natürlich auch für das Orchester und den Dirigenten. Sir Simon Rattle, seltener Gast an der MET, dirigierte dieses Monster-Opus mit großer Routine, er hatte den ausgezeichneten Klangkörper des Hauses bestens vorbereitet, sodass ein aufwühlender Musikbackground für die tragische Handlung gegeben war.
Das Publikum – aufgrund der Länge der Oper auch entsprechend herausgefordert – war nicht zu müde, den Ausführenden reichlich zu applaudieren.
Johannes Marksteiner