10.03.2018 MET/Kino „Semiramide“
Ungewöhnlich schwere Kost des Komponisten für leichte, spritzige-witzige Opern, Gioachino Rossini. Musikalisch ist zwar kaum zu bemerken, dass es sich um eine opera seria handelt, fröhliche Melodien zur tragischen Handlung, warum nicht.
Die ziemlich statische Inszenierung von John Copley konnte die unglückliche Geschicht einer Königsfamilie nicht wirklich plausibel machen. Ein bescheidenes Bühnenbild (John Conklin) und opulente, wenn auch unschöne Kostüme (Michael Stennett) erhellten die Bühne kaum.
Zumindest musikalisch wurde aber Großartiges geleistet. Maurizio Benini, ein Spezialist des Belcanto-Genres, dirigierte mit viel Schwung und Temperament ein gut disponiertes MET-Orchester. In der Titelrolle konnte Angela Meade nicht völlig überzeugen, ihr kräftiger Sopran ist wohl in dramatischeren Rollen eher zuhause, die geläufige Gurgel für Koloraturen hatte sie nicht. Sehr beeindruckend war Elizabeth DeShong als Arsace. Mit ihrer durchsetzungsfähigen Stimme, sicherer Höhe, wunderbarer Mittellage und beeindruckenden tiefen Tönen konnte sie einen großen Erfolg verbuchen. Als Rivalin des Riesen, Ildar Abdrazakov (Assur) konnte man sie (rein optisch) allerdings nicht ernst nehmen – David gegen Goliath. Der vielseitige Bass erwies sich auch in der Rolle des schurkischen Königsmörders als Turm in der Schlacht. Sein voluminöser Bass kam nur bei den schnelleren Passagen etwas ins Schleudern. Ryan Speedo Green, auch in Wien keine unbekannte Größe, war als Oberpriester ein weiterer hervorragender Vertreter des tiefen Stimmfaches. Auch sein rabenschwarzer Bass konnte das Publikum überzeugen.
Das (der) Beste kommt zum Schluss: Javier Camarena in der unverdient bedeutungslosen Partie des Idreno (Rossini hat dieses Manko ausgeglichen, indem er zwei wunderbare Arien mit halsbrecherischen Höhen komponierte). Selten hört man einerseits die Leichtigkeit, mit der der Tenor die Höhen meisterte, und andererseits aber mit einer kernigen und kräftigen Mittellage aufwartete. Mexiko ist offenbar ein guter Boden für exzellente Tenöre.
Das Publikum feierte das Ensemble und den Dirigenten enthusiastisch.
Johannes Marksteiner