MET New York/Opernkino Wien – „Manon Lescaut“ von Puccini am 05. März 2016
Manon Lescaut – nur halb „al dente“
„Manon Lescaut“ war Giacomo Puccinis erster großer Erfolg und im Vergleich mit seinen späteren Werken auch noch nicht so bombastisch wie beispielweise „Tosca“ oder „Turandot“. Die Musik ist lyrisch und jung.
Das Met-Orchester unter Fabio Luisi spielte sehr ordentlich. Besonders das Zwischenspiel vor dem dritten Akt war sehr schön. Doch im Großen und Ganzen hätte die Orchesterführung etwas differenzierter angelegt werden können. Der Met-Chor präsentierte sich wie immer gut einstudiert.
Kristine Opolais sang die Titelrolle souverän. In der Mittellage blühte sie auf, doch in der Höhe wurde es merkbar eng und im vierten Akt klang Frau Opolais besonders in der höheren Lage schon sehr angestrengt. Für Jonas Kaufmann eingesprungen gab Roberto Alagna einen sehr glaubhaften Renato Des Grieux. Laut eigenen Aussagen studierte er die Partie innerhalb von nur zwei Wochen ein und das hörte man ganz einfach. Ähnlich wie bei seiner Kollegin beindruckte er in der Mittellage, doch in der Höhe drückte er leider immens, was sehr schade war, doch verständlich, wenn er tatsächlich jeden Tag 12 Stunden zur Erarbeitung des Des Grieux sang. Manons Bruder wurde von Massimo Cavaletti dramatisch aber nicht präzise dargestellt. Brindley Sherratt als Geronte überzeugte mit seinem herrlichen Bass und spielte wirklich widerlich schön den alten Lustmolch.
Für die Regie zeichnet Sir Richard Eyre verantwortlich. Seine Arbeit war gemischt. Einerseits ist es eine wirklich nicht uninteressante Idee, „Manon Lescaut“ ins besetzte Frankreich der 40er Jahre zu versetzten, doch leider ist dieser Regieansatz nicht stringent durchgeführt. Die einzigen Anzeichen auf diese Zeit sind die Soldaten, die hin und wieder auf der Bühne zu sehen sind. Wunderschön und mit präziser Personenführung wurde das Kennenlernen Manon Lescauts und Des Grieuxs inszeniert. Das war echtes, richtig großes Theater, doch auch dieser Punkt, der für die nächsten Akte Hoffnung auf eine endlich mal wieder gelungene Personenregie machte, wurde nicht erfüllt. Die nächsten Akte waren schlicht und ergreifend plattes Stehtheater. Eine Katarstrophe war die Tanzstundenszene im zweiten Akt. Manon macht mit einem Tänzer herum, der sie recht ungezügelt anfasst und Geronte sieht einfach lächelnd zu. Warum bekommt dieser dann einen Wutanfall, als Manon dasselbe Spiel auch mit Des Grieux treibt?
Am schlimmsten war jedoch der finale Akt und damit komme ich schon zum größten Ärgernis des Abends: Die Ausstattung. Das Bühnenbild von Rob Howell ist die ganze Oper lang grau und voll von etlichen Treppen. Das sieht nicht nur hässlich aus, es ist auch störend, besonders eben im vierten Akt. Der spielt nicht in einer Wüste, sondern in irgendeinem zerstörten Haus mit einer Menge Dreck am Boden. Das ist einfach falsch. Opolais und Alagna bemühen sich zwar so viele Gefühle wie möglich darzustellen, doch mangels Regieführung und dem störenden Bühnenbild empfindet man leider überhaupt nichts und das bei einem Schluss der zu den traurigsten der Operngeschichte gehört. Schade! Die Kostüme von Fotini Dimou sind kühl, farblos und nichtssagend.
Der Jubel in der Met hielt sich in Grenzen. Alagna erhielt am meisten Bravos.
Fazit: Dieser Opernabend hatte leider trotz vollem Einsatz der Sänger nicht das Niveau, auf welchem sich die Met sonst befindet. Die Ausstattung dieser Produktion ist nicht nur grottenhässlich sondern auch störend. Regisseur Eyre fängt genial an, bietet dann aber doch nur ödes Stehtheater.
Sebastian Kranner