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NEW YORK/ Wien/ Die Met im Kino: MADAMA BUTTERFLY

10.11.2019 | Oper


Hui He, Elizabeth deShong. Foto: Metopera/Richard Termine

 

MET IM KINO/ Cineplexx Landstraße: MADAMA BUTTERFLY

Liebe als tödliche Illusion: „Madama Butterfly“ an der Met (9.11.2019)

Die großem Dirigenten und Regisseure weichen Giacomo Puccini‘s  fernöstlicher Geschichte der Geisha Cio-Cio-San zumeist aus. Verstehe das wer will – das Publikum liebt die 1904 an der Scala uraufgeführte „Madama Butterfly“ jedenfalls zumindest so wie  La Bohéme oder Turandot. Vielleicht ändert sich in dieser Hinsicht etwas durch die jüngste MET IM KINO – Übertragung in HD. Das war eine in mehrfacher Hinsicht denkwürdige Vorstellung der dreiaktigen Fassung: in der Titelrolle bewies die Chinesin He Hui, dass sie derzeit wohl die Idealbesetzung für die kleine Frau Schmetterling ist – sie beginnt als Mimi und endet als Tosca. Sie hat die nötige Lyrik für den Auftritt  und die entsprechende Dramatik für die Szene mit Sharpless. Dazu kam ein US-Tenor namens Bruce Sledge anstelle von Piero Pratti. Er hat den Pinkerton noch nie gesungen – sein Rollendebüt erinnerte an Gianni Raimondi und offenbar hielten die Nerven für diesen weltweit übertragenen „Sprung ins kalte Wasser“ – er hat einen schlanken Tenor – keine große aber eine durchschlagkräftige Stimme.

Am Pult bewies der italienische  Met-Haus-Dirigent Pier Giorgio Morandi jedenfalls ebenfalls starke Nerven. Und der Ersatz-Sänger für Placido Domingo – der Brasilianer  Paolo Szot – schlug sich insgesamt sehr achtbar.

Die Sensation des Abends war jedoch die Inszenierung von Anthony Minghella. Dieser britische Filmregisseur (Der talentierte Mr. Ripley) bot eine Mischung zwischen dem Bewegungstheater von  Robert Wilson,  hochmodernem Puppen-Spiel  und Licht-Symbolik. Sein Team muss speziell gelobt werden: Für die Choreographie zeichnete Carolyn Choa, fürs abstrakte Bühnenbild Michael Levine   (Konkretes wird nur angedeutet)  und für die geniale Licht-Regie war  Peter Mumford verantwortlich. Aber auch die prachtvollen (historischen)Kostüme von Han Feng und die Puppen-Führung (Blind Summit Theatre) tragen zum großen Erfolg der Produktion  bei. Zwei Beispiele: das Liebesduett im 1.Akt wird von glitzernden Sternen, Glühwürmchen und einem Lampion-Ballett begleitet: Romantik pur – und eine mögliche Anregung für Tristan und Isolde!

Beispiel Nr. 2: mit dem Auftritt des dreijährigen Kindes – bekommt das Ganze eine surreale, bizarre Note. Das Kind einer Japanerin mit einem US-Offizier  wirkt als künstlicher „Humunculus“ wie ein Vorgriff auf eine Puppe mit künstlicher Intelligenz. Und ab da steigert sich das spielerische „Umkippen“ etwa beim Vorspiel zum 3.Akt weiter: da tanzt Pinkerton mit einer Butterfly-Puppe und während die Oper weiter auf die Tragödie einer tödlichen Illusion zurast, verzaubern weiße Tauben das Publikum!

Ausgezeichnet neben der Sängerin der Titelrolle auch ihre Freundin und Dienerin Suzuki; die US-Mezzosopranistin   Elizabeth deShong wertet diese Rolle in den Rang der Hauptrollen – vor allem in der großen Szene mit der neuen Ehefrau, die das Kind zwischen Pinkerton und Cio Cio Sa abholen will – auf. Sie durchschaut die unheilvolle Illusion und wird zuletzt davon gejagt! Perfekt in seiner  intriganten Arroganz der Goro von Scott Scully.

Ich habe vor 61 Jahren meine „Opernleidenschaft“ bei einer Butterfly mit  Sena jurinac begonnen. Nach der jüngsten „MET IM KINO“ weiß ich wieder – warum! Danke!

Peter Dusek

 

 

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