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NEW YORK/ Wien/ Die Met im Kino: IL TROVATORE im Wiener Cineplexx

04.10.2015 | Oper

Cineplex-Kino Wien Landstraße „IL TROVATORE“ AN DER MET: EIN VOKALES FEST OHNE GLEICHEN (3.10.2015)

Ein verwirrendes „political“ absolutes unkorrektes Stück – es geht um Scheiterhaufen, Liebe und Eifersucht, Verdis „Trovatore“ ist thematisch überholt, es strapaziert alle Klischees gegen Zigeuner; es setzt auf Rivalität und „Macho-Allüre“, es handelt von Kindern, die irrtümlich ins Feuer geworfen werden und um die dadurch notwendige „Ersatzmutter“. Und die Inszenierung an der Met, für die der Schotte David Mc Vicar (Ausstattung Charles Edwards und Brigitte Reiffenstuel) im Jahr 2009 verantwortlich zeichnete, unterstreicht diesen Aspekt des Historisierenden, Surrealen. Sie erinnert an eine Inszenierung von Margarethe Wallmann etwa bei „Forza“ in Wien 1960. Aber was sollen Einwände gegen das Libretto oder die unfreiwillig komische szenische Umsetzung, wenn fünf ausgezeichnete Sänger zur Verfügung stehen – das Resultat war ein vokales Fest ohne Gleichen. Eine Bestätigung der These: nimm die 5 besten Sänger der Welt und „Il Trovatore“ versetzt jedes Publikum in Raserei. An der Met gelang das Kunststück – Anna Netrebko in Höchstform – noch dramatischer und zugleich lyrischer als in Salzburg. Dazu ein Wunder: Dmitri Hvorostovsky nach schwerer Krankheit wiedergenesen und besser denn je. Ein höhensicherer attraktiver Manrico – der Koreaner Yonghoon Lee. Ein strahlend-fescher Titelheld, der auch bei der Stretta die Nerven behält, sowie eine Azucena mit der Durchlagskraft einer Wagner-Heroine: Dolora Zajick ist zweifellos die Nachfolgerin einer Cosotto. Dazu noch ein fabelhafter Ferrando. Stefan Kocan deckt das Bass-Fach ideal ab.

Und dazu  Marco Armiliato als temperamentvoller Dirigent des Met-Orchesters. Er bringt schon in der ersten Szene – wenn Ferrando die Vorgeschichte erzählt, jene Spannung auf, die den ganzen Abend anhält. Sehr engagiert übrigens auch der Chor der Met. Dann geht’s weiter – Schlag auf Schlag. Anna Netrebko – mit Auftrittsapplaus – auf den Spuren von Bellini und Donizetti wandelnd in der ersten Arie. Die Stimme hat zugelegt, das unverwechselbare Timbre ist geblieben. Die Musikalität ist frappierend, das Spiel überzeugend und ausdrucksstark. Dann der russische Star-Bariton. Wird er an sein alten Leistungen herankommen. Und wie! Die Stimme von Hvorostovsky ist noch dunkler geworden, die Piani sitzen, Belcanto pur und ein Luna, der sympathisch bleibt auch wenn er sich Scarpia-artig verhält. Die Arie wird ohne Mühe gesungen. Dann der Akt mit der Mutter – der junge Koreaner Yonghoon Lee und Dolora Zajick trumpfen mit Wohlklang ebenso auf wie mit Emotionen. Großartig. Schließlich die Stretta eines strahlenden Spintos, der auch das „All armi“ zweisilbig halten kann. Riesenjubel, doch der Höhepunkt steht immer noch aus: Anna Netrebko mit gehauchten Piani in der zweiten Arie, mit Mezzo-Tönen im Miserere, mit der Dramatik einer Lady Macbeth in der 3 (fast immer gestrichenen) Arie und mit einem Duett auf Leben und Tod zwischen Leonora und Luna. Zuletzt – sozusagen zur „Abkühlung“ die Finalszene im Kerker, in der alle vier Stars ihr bestes geben. Am Ende Jubel, Trubel und „standing ovations“. Mit solchen Vorstellungen kann Peter Gelb die „pol-position“ seines Hauses in der internationalen Opernszene zweifellos behalten.. Die Cineplex-Kinos waren mehr als sonst überbucht und im Publikum sah man sogar ganz junge Gesichter. Die suchen wohl auch das Beste –am 3.Oktober haben Sie es gefunden.

Peter Dusek

 

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