13.05.2017 MET-Kino „DER ROSENKAVALIER“
Elina Garanca, Günther Groissböck. Copyright: Met-Opera
Mit einer hervorragenden Aufführung verabschiedete sich die „MET“ in die Sommerpause. Robert Carsons Inszenierung, mit den Bühnenbildern von Paul Steinberg – wobei das dritte nicht eben gut gelungen ist – und den Kostümen von Brigitte Reiffenstuel, prunkvoll ausgestattete Damenroben und teils hässliche Uniformen der Herren, bot ein Bild des beginnenden 20. Jahrhundert, das eben noch beeindruckende Leben im Adelskreis. Den herannahenden Weltkrieg im Fokus, spielt man aber doch noch heile Welt. Der oben erwähnte optisch schwächere dritte Akt darf als nicht ganz geglückt bezeichnet werden, die Ähnlichkeit zur Salzburger Inszenierung Carsons war aber doch deutlich zu merken.
Die musikalischen Glanzpunkte setzte das perfekte Ensemble auf der Bühne. Im Orchester unter der bemühten Leitung von Sebastian Weigle machten sich kleinere „preussische Schlampereien“ bemerkbar – eigentlich ein Widerspruch -, da ist man als Wiener Opernfreund doch ziemlich verwöhnt. Rene Fleming sang ihre letzte Marschallin, immer noch beeindruckend in allem Höhen, eine Dame von Welt, die den Abschied von der Jugend mit einer dezenten Dosis an Wehmut zelebrierte. Es war nicht der einzige Rollenabschied: Elina Garanca war in ihrem letzten Auftritt in einer Hoserolle zu sehen. Ihr Octavian hatte viel Jugendfrische, Forschheit, Draufgängertum, stets gepaart mit sicher geführtem Mezzo, der in allen Registern brillant klang. Erin Morley war als Sophie eine Idealbesetzung, ihr frischer, höhensicherer Sopran passte wunderbar zu ihrer Darstellung des sich von der Dominanz der Männer emanzipierenden Mädchens. Matthew Polenzani war ein etwas „anderer“ Sänger, einer Karikatur eines italienischen Mafioso nachempfunden. Gesanglich wusste er natürlich auch zu gefallen, wenngleich diese Arie nicht unbedingt zu seinem ureigensten Fach, den jugendlichen Liebhabern des Belcanto zählt.
Seine große Stunde schlug aber dann in den Pausengesprächen, die er munter und eloquent, aber nie peinlich devot führte und immer mit einer Prise Humor würzte. So machen auch kange Pausen Freude. Der Star des Abends war aber dann doch Günther Groissböck als Ochs von Lerchenau. Wenn man sich an Interpreten dieser Rolle in den vergangenen Jahrzehnten erinnert, beleibte ältere Herren, die ihre späte Jahre mehr oder weniger dem Genuss, der Lebensfreude widmeten, man könnte sie auch „Falstaff in Wien“ nennen, so hat sich das Bild dieser Opernfigur doch gewaltig geändert. Das Wienerische Strizzitum im Adelsstand, finanzielle Nöte, krumme Touren, vielleicht sogar schon Geschäfte im herannahenden Kriegsmilieu, all das wurde hier eingebaut, ohne aber den zweifellos vorhandenen groben Charme des Schwerenöters zu mindern. Diese Facetten brachte Groissböck unglaublich lebendig auf die Bühne. Gesanglich konnte man nur das Allerbeste konstatieren, seine Stimme schafft alle erforderlichen Extremnoten, besonders die tiefen Regionen beeindruckten, da gibt es derzeit kaum vergleichbare Sänger.
Diese in vieler Hinsicht besondere Aufführung fand beim Publikum riesigen Anklang, stehende Ovationen natürlich für Rene Fleming.
Johannes Marksteiner