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NEW YORK/ Die Met im Kino/Wien Cineplexx: L’AMOUR DE LOIN von Kaija Saariaho

11.12.2016 | Oper

10.12.2016   MET/Kino   „L‘amour de loin“

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Es ist ein gewagtes Vorhaben, ein modernes Werk weltweit in die Kinos zu übertragen, wo man am liebsten Verdi, Puccini und Mozart zu hören gewohnt ist. Umso erstaunlicher ist es, dass die MET – stets ihre finanzielle Bedürftigkeit betonend – das Risiko eines Reinfalls riskiert. In diesem Fall hat sich das Risiko gelohnt, denn Kaija Saariahos Oper „L’amour de loin“, als Auftragswerk der Salzburger Festspiele 2000 uraufgeführt, konnte einen großen Publikumserfolg erzielen. Musik und Text sind aufgrund der intensiven und erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen der finnischen Komponistin und dem libanesischen Schriftsteller Amin Maalouf hervorragend aufeinander abgestimmt.

Der Inhalt in Kurzfassung: Ein poetisch veranlagter Prinz schreibt Verse über eine imaginäre ferne Geliebte, ein Pilger fungiert als Bote zwischen diesem Prinzen und einer tatsächlich existierenden fernen Schönen. Nach einiger Zeit reist der Prinz mit dem Pilger zu der Angebeteten, erkrankt auf der Reise aber so schwer, dass er, kaum am Ziel seiner Sehnsucht angekommen, stirbt. Das nicht gerade überwältigend spannende Geschehen wird von Saariaho in wohlklingende Musik gekleidet, keine großen Arien und Duette sind zu hören, man wähnt sich in einer Debussy-ähnlichen Klangwelt, das Orchester wird sparsam aber wirkungsvoll eingesetzt, den Akteuren einiges an Kraft und Ausdauer abverlangt.

Die gelungene Inszenierung von Robert Lepage bietet in Verbindung mit dem für das Bühnenbild und die Kostüme verantwortlichen Michael Curry und dem Lichtmagier Kevin Adams eine Bühnenshow – man möge das Wort nicht falsch verstehen, aber für diese Aufführung kann ich keinen anderen, adäquaten Begriff finden – der Sonderklasse. Das Meer, hier Hauptschauplatz der Handlung, wird durch eindrucksvolle Lichteffekte dargestellt, das Boot des Pilgers scheint tatsächlich über das Wasser zu gleiten. Exzellente technische Performance ist heutzutage schon fast selbstverständliche Voraussetzung für eine intelligente Inszenierung.

Das schon erwähnte Orchester, wie immer an der MET eine verlässliche Stütze, spielt unter der Dirigentin Susanna Mälkki ganz ausgezeichnet und begleitet die Sänger mit der jeweils passenden Lautstärke, ohne sie zu überfordern oder zuzudecken. Der versekundige Prinz, Jaufre Rudel wurde vom stimmgewaltigen Eric Owens gesungen. Besonders beeindruckte er im Wechselspiel der Gefühle zwischen Sehnsucht, Hoffnung und Angst vor der Begegnung. Einzig in seiner Todesszene, in der seine Stimme etwas zu früh versagte, merkte man, welch große Anforderung diese Partie an den Sänger stellte. Susanna Phillips sang die ferne Geliebte Clemence, ihr kräftiger Sopran kam besonders in der Gottesklage nach Jaufres Tod sehr gut zur Geltung. Die beste Leistung des Abends bot Tamara Mumford als Pilger. Mit wundervoll timbriertem, in allen Lagen sicher geführtem Mezzo sang sie die schwierige Rolle des Mittelsmannes. Auch ihr glaubwürdiges Spiel, den Mittelsmann zwischen zwei Welten zu geben und die beiden Liebenden zu vereinen, konnte das Publikum beeindrucken.
Eine gut besuchte MET zeigt Aufgeschlossenheit, ein sehr viel weniger gut besuchter Kinosaal die merkbare Distanz zur modernen Oper. Der Abend hätte sich ein volles Haus verdient.    

Johannes Marksteiner

 

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