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NEW YORK/ Die MET im Kino: ROMÉO ET JULIETTE mit neuem Traumpaar der Oper!

23.03.2024 | Oper international

NEW YORK/ Die MET im Kino: ROMÉO ET JULIETTE mit neuem Traumpaar der Oper!

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Foto: Metopera

Schon im Vorfeld galt die Aufführungsserie von Gounods Roméo et Juliette als ein Höhepunkt der aktuellen MET-Saison. Nach der ersten Vorstellung wurde sie zum absoluten Highlight der Saison 2023/24 erklärt. Der Begriff Sternstunde wird ja heute leider allzu sehr inflationär gebraucht. Doch bei dieser Vorstellungsübertragung aus New York handelte es sich tatsächlich um so eine! Und das lag vor allem an den beiden Sängern der Titelrollen. Benjamin Bernheim und Nadine Sierra.

Regisseur Bartlett Sher verlegte die Handlung von der Renaissance in das Zeitalter des Barock, weil für ihn die dekadente Lebensweise und Ausgelassenheit dieser Zeit ein so idealer Hintergrund für die Geschichte ist. Optisch ist das schon mal ein Genuss, dazu die herrlichen Kostüme.

Benjamin Bernheim erlebte nach seinem hochgelobten MET-Debüt als Rigoletto-Herzog im Jahr 2022 nun seinen ganz großen New-York-City-Moment. Schließlich kehrte der Franzose mit jener Partie ans Haus zurück, die schon nach kurzer Zeit in seinem Repertoire zu seiner Paraderolle geworden ist. Er besitzt einfach ein traumhaft geschmeidiges und glanzvolles Timbre, was ihn für die Partie des Roméo geradezu prädestiniert. Seine Technik ist meisterhaft, er klingt betörend schön in allen Lagen. Es gibt derzeit wohl keinen anderen Tenor, der herrlichere hohe Cs singt. Lediglich einmal verrutscht ihm leicht ein Spitzenton, ist aber wohl dem Umstand geschuldet, dass er sich währenddessen nicht recht entscheiden konnte, ob er nun auf die Knie gehen soll oder doch wieder hochspringt. Wunderbar wie er als sterbender Roméo dann seine Kopfstimme einsetzt. Das sind Gänsehautmomente. Dazu begeistern die vielen verschiedenen Farben in seiner Stimme, die ihm eine große Ausdruckspalette ermöglichen. Bernheim wird inzwischen mit dem großen, legendären französischen Tenor Alain Vanzo verglichen und gar zu dessen Nachfolger ausgerufen. Tatsächlich singt Bernheim einst wie Vanzo mit unglaublicher Noblesse und Leichtigkeit.  Auch darstellerisch ist er ein idealer Roméo. Sehr verliebt und stets die Nähe zu Julia suchend, aber er bleibt dabei immer natürlich. Er trägt nicht übertrieben theatralisch auf wie es seinerzeit Grigolo tat, der dadurch die Figur unecht machte. Nein, Bernheim IST Roméo mit jedem Ton und jeder Faser.

Die Partie der Juliette wurde ebenfalls zu einem Triumph für Nadine Sierra. Die US-Amerikanerin verfügt einerseits über die Leichtigkeit in den Koloraturen, andererseits aber auch über eine beachtliche Dramatik, die mit Fortdauer der Oper und besonders bei der Poison-Arie so notwendig ist. Bei ein, zwei Spitzentönen gerät sie zwar etwas in Bedrängnis, aber auch sie demonstriert, dass sie in ihrer Partie bestens aufgehoben ist. Ihre Juliette ist sehr selbstbewusst, ein junges Mädchen, das weiß was es will. Und sie zeigt schnell wie wenig sie an Graf Paris interessiert ist und wie sehr sie Roméo will. In den großen Szenen des Liebespaares zeigt sich nicht nur wie die beiden Stimmen harmonieren, sondern auch die hervorragende Chemie die zwischen Bernheim und Sierra besteht, und auf die der Moderator der Übertragung – übrigens Ryan Speedo Green, den man noch aus seiner Ensemblezeit in Wien kennt – auch hinweist. In jeder Sekunde nimmt man den beiden Sängern das verliebte Paar ab. Symptomatisch hier, als bei der Trauung Roméo und Julia Bruder Lorenzo fast gar nicht wahrnehmen. Sie verfügen zwar über die notwendige Aufmerksamkeit und Konzentration beim Vortragen der Gelübde, aber sonst haben die beiden Verliebten nur Augen und Küsse füreinander.

Was zusätzlich zur Glaubwürdigkeit beiträgt, ist das jugendliche Erscheinungsbild der beiden Sänger. Sierra und Bernheim sind ohnehin noch jung, doch obendrein wirken sie dann auch noch jünger als sie tatsächlich sind, denn sie wirkt noch so mädchenhaft, genauso wie er bubenhaft erscheint.

Ein Kloss bleibt einem am Ende der Vorstellung dann schon im Hals stecken, denn so wie die beiden einander drei Stunden auf der Bühne geliebt haben, so eindringlich sterben sie dann auch im Finale. Wann hat man das je so intensiv auf einer Opernbühne gesehen? Opernsänger müssen oder sollten heute auch immer gute Schauspieler sein. Bernheim und Sierra sind es.

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Foto: Metopera

Neben Roméo und Julia haben es die restlichen Sänger immer schwer, besonders dann, wenn das Liebespaar so ideal besetzt ist wie hier in New York. Lobend muss Samantha Hankey erwähnt werden, die als Stephano einen wunderbaren lyrischen Mezzo erklingen lässt. Will Liverman ist als Roméos bester Freund Mercutio sehr gut besetzt und auch Eve Gigliotti fällt als mütterliche Gertrude positiv auf.

Yannick Nézet-Séguin ist ein kompetenter Begleiter am Pult. Kenntnisreich dirigiert er die herrliche Partitur Gounods. Lediglich zum Ende des zweiten Aktes dirigiert er das Va! Repose en paix des Tenors ein bisschen zu schnell. Das hat man schon schwelgerischer aus dem Orchestergraben gehört. Ein wenig schade, denn auf der Bühne stand der ideale Roméo für diese Musik.

Nachdem die Vorstellung zu Ende ging sah man auch im Kino viele zufriedene Besucher. Aus Gesprächen und Kommentaren sind folgende Bemerkungen in Erinnerung:

„Ich weine eigentlich nur am Ende der Bohème, aber diesmal erwischte es mich auch hier. Das war so echt!“

„Das Schönste was ich seit langem gesehen habe!“

„Hervorragend gespielt, unheimlich authentisch!“

„So ein fescher Roméo, der Bernheim!“

„Die Julia – so eine schöne Frau!“

„Ich bin froh, so eine Aufführung erlebt zu haben.“

„Da stimmte einfach ALLES.“

„Ein Traumpaar!“

Bernheim und Sierra, das neue Traumpaar der Oper, soll nächste Saison an der Pariser Bastille Oper in Massenets Manon wieder gemeinsam auf der Bühne zu erleben sein.

 

Lukas Link

 

 

 

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