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Neues von GERSHWIN und RAVEL: Klavierkonzerte und mehr

20.03.2018 | cd

Neues von GERSHWIN und RAVEL: Klavierkonzerte und mehr

 

Klavierkonzerte von Ravel (G-Dur, D-Dur für die linke Hand und Gershwin (F-Dur), DENIS KOZHUKHIN, Orchestre de la Suisse Romande; Kazuki Yamada; PENTATONE CD

Veröffentlichung: Anfang April

 Von gar farbenprächtigen Aufnahmen ist zu berichten, in Klang gegossenen Stadtlandschaften mit ihrem ganzen Übermut, zündenden pianistischen und kompositorischen Feuerwerken, sei es mit jazzigen Rhythmen und raffiniertester Instrumentierung, sei es mit baskischem Kolorit und hüpfender Unbeschwertheit.

Die Kombination der Klavierkonzerte der beiden Wundertiere der Gattung Snob Ravel und Gershwin macht Sinn. Wie Pianist Denis Kozhukhin dies beschreibt, haben sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Musik der Alten und Neuen Welt trotz geographischer Distanz und kultureller Unterschiede gegenseitig stark beeinflusst. So versuchten sich auch Gershwin und Ravel in neuen Stilen, Klangfarben und musikalischen Formen. Vieles scheint wie improvisiert, ist es jedoch nicht. Besonders bei Ravel ist überhaupt nichts dem bloßen Zufall überlassen. Gershwin wünschte sich Ravel als Mentor, was dieser klugerweise ablehnte, um Gershwins ganz individuelle Fähigkeit, Jazzelemente mit klassischen Formen zu verbinden, nicht zu beeinflussen. Der Selfmademan Gershwin, den auch Schoenberg bewunderte, sollte ein Unikat der Musikgeschichte bleiben. Kozhukhin: „Für mich sind diese beiden Meister wie zwei Magnete, die sich gegenseitig anziehen und gleichzeitig abstoßen.“

Die brillante Aufnahmetechnik – wie stets ein Markenzeichen des Labels Pentatone – des 2017 in Genf aufgenommenen Albums tut das ihrige, um den orchestralen Glanz des wieder in herausragender Form aufspielenden Orchestre de la Suisse Romande (wir erinnern uns an heroische Aufnahmetaten von Ernest Ansermet) besonders gut zur Geltung zu bringen. Der japanische Maestro Kazuki Yamada, von 2012 bis 2017 erster Gastdirigent des Orchesters, hat wie so mancher seiner berühmten Landsmänner (Ozawa) ein besonderes Händchen für die impressionistischen Klangwelten eines Ravel, aber auch das Feeling für die Eleganz des amerikanischen Swing eines Gershwin. Empfehlung!

George Gershwin: Rhapsodie in Blue, Summertime, Klavierkonzert in F-Dur – KIRILL GERSTEIN, ST. Louis Symphony Orchestra, David Robertson; myrios classics CD

 Dass George Gershwin weit mehr als ein „inspirierter Dilettant“ war, belegt auch die zweite hörenswerte CD mit einem klug arrangierten Programm. Rund um das berühmte Klavierkonzert in F-Dur mit dem russischen, jetzt in Berlin lebenden Pianisten Kirill Gerstein, erklingen die „Rhapsodie in Blue“ in der Jazz Band Version aus dem Jahr 1924, der Porgy and Bess Hit „Summertime“ mit Storm Large und Klavierstücke von Earl Wild („Somebody Loves Me“, „I Got Rhythm“, „Embraceable You“ aus den virtuosen Etüden nach Gershwin) sowie von Oscar Levant („Blame it on my youth“).

Das Besondere an Kirill Gersteins Interpretation des Klavierkonzertes ist, dass er improvisatorisch Verzierungen hinzufügt und im langsamen zweiten Satz eine Kadenz einbaut. Für den Pianisten erinnert die Instrumentierung in ihrer Präzision und Durchsichtigkeit an Stravinsky. Noch mehr trifft dies auf die kammermusikalische Fassung der Rhapsody in Blue für die Whiteman Band zu. George Gershwin, über den aktuell immer mehr geforscht wird, und den zu spielen schon längst keine schwere Hypothek mehr für die Seriosität eines Pianisten ist, scheint mit breitem Konsens endlich im wohlverdienten Olymp angekommen. Die Musikfreunde profitieren davon durch ein immer vielseitigeres Angebot nicht zuletzt auf Tonträgern.

Fazit: Gershwin in all seinen Facetten neu zu entdecken, lässt jetzt erlaubterweise alle möglichen Konnotationen zu, von Mozart über Rachmaninov bis hin Tchaikovsky, ohne den originären Wert seiner Schöpfungen zu beeinträchtigen. Zurücklehnen und genießen!

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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