Neue CD: Werke von Händel und Sammartini mit dem Concerto Köln bei Berlin Classics/
Helle Durchsichtigkeit des Kangbilds
Das renommierte Alte-Musik-Ensemble Concerto Köln und die Oboistin Clara Blessing erzählen auf dem Album „Most Celebrated“ die Geschichte von Georg Friedrich Händel, der Brüder Giuseppe und Giovanni Sammartini und der Entwicklung der Oboe. Händels Orchester in London bekommt eines Tages einen Neuzugang: den Oboisten Giuseppe Sammartini. Schon in seinem Heimatland Italien brachte er es zu einer gewissen Berühmtheit, doch in London revolutionierte er das Oboenspiel und verhalf damit dem Instrument zu einem Durchbruch. Der Musikhistoriker John Hawkins beschrieb das Talent des Oboisten Giuseppe Sammartini wie folgt: „Vor seiner Zeit war der Ton des Instruments grob, ja selbst in der Hand der fähigsten Könner hart und unangenehm in den Ohren; durch intensives Üben und Spielen und durch eine besondere Zurichtung des Rohrblattes gelang es ihm einen solchen Ton zu erzeugen, dass er der menschlichen Stimme näher kam als irgendjemand sonst.“ Ähnlich wird die Oboistin Clara Blessing beschrieben, die mit dem Concerto Köln eine jahrelange Freundschaft verbindet. Für das Album „Most Celebrated“ haben die Künstler nun zwei Concertos von Händel, zwei seiner Minuette sowie drei Arias aufgenommen. Gegenübergestellt werden ein Oboen-Concerto von Giuseppe, sowie zwei Werke seines Bruders Giovanni Sammartini. Hier wechseln sich Holz- und Blechbläser in reizvoller Weise ab. Mal spiele sie solistisch, mal im Team mit der zweiten Oboe, dann als ausgesprochener Gegenpart zum ersten Horn, so Clara Blessing. Georg Friedrich Händels Concerto g-Moll sowie das Concerto D-Dur überzeugen hier mit markant herausgearbeiteten Themen, eingängig gestalteten Melodien, prägnanten Rhythmen und heller klanglicher Durchsichtigkeit. Kraftvoll, männlich und edel klingen die Festmusiken bei dieser gelungenen Aufnahme. Auch die beiden filigran gespielten Menuette und die wunderbar gestaltete Oboen-Arie „Ah! mio cor“ aus der Oper „Alcina“ von Georg Friedrich Händel besitzt dabei eine eindringliche harmonische Vielschichtigkeit. Eine erschütterte Zauberin erkennt hier, dass ihr Geliebter sie verlassen hat. Und die leidenschaftliche Traversflöte drückt bei „Voglio amare“ aus der Oper „Partenope“ von Georg Friedrich Händel die standhafte Liebe der Titelheldin zum Prinzen Arsace umso ergreifender aus. Der große Zauber der neapolitanischen Oper dringt in bewegender Weise hervor. Kühne Steigerungen des Kopfthemas sowie gewagte Harmonien imponieren auch beim Concerto Grosso E-Dur und der durchsichtig musizierten Sinfonia g-Moll von Giovanni Battista Sammartini. Kraftvolle Hörner-Fanfaren und furiose Streicher-Motive erinnern zudem an die „Sturm und Drang“-Zeit. Vor allem die Violinen arbeiten die glutvolle Sinnlichkeit überzeugend heraus. Das Concerto in C-Dur von Giuseppe Baldassare Sammartini besticht mit hochvirtuosen Oboen-Passagen, die die Solistin Clara Blessing eindrucksvoll auslotet. Das lyrische Andante wird von Giuseppe Sammartini in diesem Werk mit einem bewegten Presto-Mittelteil verbunden.
Alexander Walther