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Neue CD mit Werken von Johann Georg Pisendel bei Berlin Classics erschienen/

27.01.2023 | cd

Neue CD mit Werken von Johann Georg Pisendel bei Berlin Classics erschienen/

Erinnerung an Bach

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Johann Georg Pisendel beeindruckte schon zu Lebzeiten durch sein hochvirtuoses Geigenspiel. Auch wenn sein Oeuvre nicht gerade umfangreich ist, konnte er vor allem als Hofkapellmeister der Dresdner Hofkapelle Maßstäbe in der Barockzeit setzen. Ihn verbanden Freundschaften mit Bach, Vivaldi, Graupner und Telemann. Er wurde von Torelli und Heinichen ausgebildet und brachte zusammen mit Hasse den „Dresdner Barock“ zur europaweiten Blüte. Er selbst sah sich allerdings nie als großen Komponisten, sondern als Interpretationsspezialisten. Das renommierte Barockensemble Concerto Köln hat sich nun der Werke Pisendels angenommen. Die Barockgeigerin Mayumi Hirasaki hat seit zehn Jahren die leitende Konzertmeister-Rolle bei Concerto Köln. In Pisendel als Leiter der Dresdner Hofkapelle sieht sie einen „Vollkommenen Concertmeister“ (eine Anspielung auf die Schrift von Johann Mattheson aus dem Jahre 1739). Es solle ein Programm sein, das nicht nur sie als Geigerin in den Fokus stelle, sondern die Virtuosität des ganzen Orchesters ausbreite. „Und was wäre da besser geeignet als Pisendels Musik für diese barocke All-Star-Band mit all ihrer stilistischen Wandlungsfähigkeit?“ fragt Mayumi Hirasaki zurecht. Die akustisch recht weiträumige Aufnahme beginnt mit der Fanfare eines Anonymus. Dann folgt das Violinkonzert in D-Dur mit einer glanzvollen Blechbläserbesetzung und zusätzlicher Pauke. In der wertvollen Sonate in c-Moll erinnert Pisendel an die Freundschaft zu Johann Sebastian Bach und seinem Sohn Wilhelm Friedemann. Mayumi Hirasaki meint, dass Pisendel hier zeige, dass er wie seine Kollegen Heinichen und Jan Dismas Zelenka im kontrapunktischen Stil der Dresdner Kirchenmusik komponieren konnte. Hier gibt es eine chorisch besetzte Satzfolge aus Präludium und Fuge. Im Jahre 1716 traf Pisendel dann Antonio Vivaldi in Venedig. Im harmonisch reichen Violinkonzert in B-Dur erinnert Pisendels ausdrucksvolle Melodiegestaltung deswegen sehr stark an Vivaldi. Solche Entscheidungen habe Pisendel als Konzertmeister immer wieder treffen müssen, so Mayumi Hirasaki. Dies betreffe vor allem die Tutti-Violinen mit ihrem Unisono-Spiel. Für Pisendels  betont französisches Stück „Imitation des Caracteres de la Danse“ haben die Musiker von Concerto Köln sogar einen Kurs für Barocktanz besucht. So kommen hier die verschiedenen Tanzcharaktere sehr gut zum Ausdruck. Die Bogenhaltung wird dabei im Untergriff angewendet, wie das damals in Frankreich üblich war. Das Violinkonzert in Es-Dur erklingt ebenfalls auf dieser hörenswerten CD, das sehr viele handschriftliche Hinweise von Pisendel besitzt. Auch die Sinfonia in B-Dur hat eine  prachtvolle Bläserbesetzung. Und die abschließende Violinsonate in D-Dur beeindruckt aufgrund ihrer chromatischen und kontrapunktischen Finessen. Hier spürt man wieder Torellis Schule und die italienischen Einflüsse. Ende 1711 war Pisendel übrigens in Dresden engagiert. Diese prachtvolle Residenzstadt wurde in den kommenden vier Jahrzehnten zum zentralen Ort seines Wirkens. Er galt als bedeutendster Violinvirtuose des Spätbarock.

Alexander Walther

 

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