Neue CD mit Werken von Georgs Pelecis mit der Pianistin Linda Leine bei Skani Records/
Gefühl der Ordnung und Ruhe
Der Komponist Georgs Pelecis wird in Lettland zurecht verehrt und ist ein wichtiger Vertreter zeitgenössischer Musik. Doch er ist in Deutschland leider weniger bekannt. Sein Werk enthält Sinfonien, Kammermusik sowie Chormusik. Berühmte Interpreten wie Gidon Kremer und Alexei Lubimov haben sich für sein Werk engagiert. In diesem Jahr feiert er seinen 75. Geburtstag. Deswegen hat die ebenfalls aus Lettland stammende Pianistin Linda Leine ein Doppelalbum aufgenommen, das in wunderbarer Weise mit Pelecis‘ Musik bekannt macht. Er sei schon immer fasziniert gewesen von diesem intelligenten Prinzip der Wiederholung von Zyklen, das der ganzen Welt, der Natur und der menschlichen Existenz zugrunde liege, so Pelecis‘. Seine Musik ist minimalistisch, klar, lebhaft und festlich. Aber sie kann auch einfühlsam, leise und voller Licht sein. Das alles macht Linda Leine auf diesem besonderen Album deutlich. Mit Anklängen an das Barock und das Treiben eines Jahrmarkts lässt die „Neujahrsmusik“ aus dem Jahre 1977 grüßen. Quintparallelen und Staccato-Effekte vermitteln eine abwechslungsreiche harmonische Stimmung. Auch Moll-Anklänge sorgen hier für interessante Klangfarben. Das Loslassen des metrischen Rhythmus‘ überrascht den Hörer immer wieder neu. Bei der „Frühlingsmusik“ (2021) fehlt die ständige Aufregung und Verzierung. In den Moll-Tonarten findet man Melancholie, Nachdenklichkeit – aber auch ein Gefühl von Weite. Es kommt zu einer überraschenden Auflösung von Räumlichkeit und akustischen Grenzen. Es ist eine musikalische Meditation. Die „Sommermusik“ (2017) ist ebenfalls sehr geräumig und von der emotionalen Farbe e-Moll beherrscht. Sie behauptet ihre diatonische Struktur in e-Moll als auch in a-Moll. Es ist ein klingendes Aquarell. Bei der „Herbstmusik“ (2011) überwältigt der weite melodische Rahmen, den Linda Leine sehr einfühlsam auskostet. Oktavsprünge und Achtelnoten überraschen den Zuhörer. Die effektvolle „Wintermusik“ aus dem Jahr 2015 vermittelt das erhabene Bild einer Prozession. Ein zaghaftes D-Dur lässt eigenartige klangliche Bewegungen folgen. Und ein Marschrhythmus gibt dem Ganzen dann eine erstaunliche Wende. „Neujahr ist wieder da“ heißt es in der letzten Komposition aus dem Jahr 2018. Hier kommt es gleich zu Beginn beim Agitato zu einer freudigen Erregung. Auch die schwungvollen Klänge eines Tanzes sind herauszuhören. Es gibt Reminiszenzen an die Klangwelt Georg Friedrich Händels. Ein helles B-Dur bleibt die zentrale Tonart des gesamten Werkes. „Mir fällt kein anderer klassischer lettischer Künstler ein, der ein solches Gefühl der Ordnung und Ruhe vermittelt“, meint Reinis Birznieks. Dem ist nichts hinzuzufügen.
ALEXANDER WALTHER