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Neue CD mit Bachs Toccaten mit Claire Huangci bei Berlin Classics erschienen/

14.09.2021 | cd

Neue CD mit Bachs Toccaten mit Claire Huangci bei Berlin Classics erschienen/

Fulminant und virtuos

Bach:The Toccatas

Bei Johann Sebastian Bachs „Toccaten“ denkt die 1990 in New York geborene Pianistin Claire Huangci in erster Linie an den „eher skurrilen, fantasierenden und humorvollen Bach“. Und sie fügt hinzu: „Manchmal schwankte mein Körper beim Spielen fast wie bei einem Tanzen und die Musik nahm mein ganzes Wesen mit.“ Dieses Album beginnt mit der berühmten d-Moll-Toccata BWV 565 von Johann Sebastian Bach in der kunstvollen Transkription von Ferrucio Busoni. Sie widmet sich den insgesamt sieben Toccaten Johann Sebastian Bachs, die allesamt in seinen Weimarer Jahren entstanden sind. Neben Improvisationen und virtuosen Passagen sticht der barocke Kontrapunkt immer wieder deutlich heraus. Gerade der junge und wilde Bach scheint bei Claire Huangci nicht zu kurz zu kommen.  Bei ihren Streifzügen durch Bachs Toccaten habe sie eine ihr weniger bekannte Seite an ihm entdeckt. Die Toccaten seien einige seiner frühesten Tastenwerke. Hier gebe es rhapsodische Improvisationen, rhythmisches Hüpfen und gewagte Harmonien. Bach traue sich hier zu experimentieren und Grenzen zu verschieben. Der großangelegte Charakter dieser Werke kommt bei der konzentrierten Wiedergabe jedenfalls nicht zu kurz. Albert Schweitzer meinte über die Toccata und Fuge d-Moll BWV 565, dass der „wilddrängende Geist“ des Meisters hier „endgültig in die Gesetze der Form gefunden“ habe. Bei der g-Moll-Toccata BWV 915 erfasst Claire Huangci den stürmischen, aus der Höhe in die Tiefe stürzenden Sechzehntellauf mit rasanter Emphase. Das eher melodische Adagio führt hier majestätisch zur Schlussfuge. Trotz der schwächeren dynamischen Kontraste vermag die Pianistin auch der e-Moll-Toccata BWV 914 deutliches Profil zu geben, was sich schon beim Doppelfugato zeigt. Und auch die chromatisch differenzierte Schlussfuge hinterlässt einen starken Eindruck. Konzentriert in der Form interpretiert Claire Huangci die Toccata in c-Moll BWV 911, wo sie die thematischen  Zusammenhänge facettenreich herausarbeitet. Die stürmischen Passagen und der streng gebundene, vierstimmige Satz bilden reizvoll herausgearbeitete Gegensätze. Komplexe Formtypen dominieren dann bei der G-Dur-Toccata BWV 916, wo die Pianistin die eleganten Passagen minuziös hervorhebt. Als innige Kanzone kommt der Mittelsatz als e-Moll-Adagio daher. Und die im Sechsachteltakt rasant dahinfließende Schlussfuge besitzt dabei etwas Unendliches. Bei der d-moll-Toccata BWV 913 betont sie dann den improvisierenden Charakter mit Akkorden und Motivpartikeln. Auch die schmerzlichen Vorhaltsdissonanzen erhalten deutliches Gewicht und klares Profil. Immer ist dieses Spiel aus einem Guss und wirkt dennoch sphärenhaft leicht und manchmal auch unbeschwert – nie schwerfällig. Dies zeigt sich ebenso bei der Toccata in fis-Moll BWV 910, wo der enthemmt-persönliche Charakter der Komposition hervorgehoben wird. Und der klangfarbliche Zauber der Toccata in D-Dur BWV 912 entwickelt sich bei dieser Wiedergabe wie von selbst. Die harmonische Entwicklung ist hier tatsächlich voller klangfarblicher Nuancen und Schattierungen.

Alexander Walther

 

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