Neue CD „Farasha“ mit Sindy Mohamed (Viola) bei Berlin Classics erschienen
Schwebende Melodielinien
Neue CD „Farasha“ mit Sindy Mohamed (Viola) bei Berlin Classics /
Dass auch die Viola als Instrument einen durchaus geheimnisvollen Zauber besitzt, beweist diese Neuaufnahme. Hier wird die Metamorphose eines Schmetterlings musikalisch dargestellt. „Farasha“ ist nämlich das arabische Wort für Schmetterling. Die Bratschistin Sindy Mohamed ist in Frankreich geboren und aufgewachsen. Sie wurde von der arabischen Musik ihrer Mutter und den berühmten ägyptischen Filmmelodien geprägt. Alles, was zu Hause gelaufen sei, sei arabisch gewesen, sagt sie. Ihre klassische Ausbildung erhielt sie an renommierten Konservatorien in Frankreich und Deutschland. Ein lyrischer Klangraum wird bei der selten gespielten Sonate für Viola und Klavier von Pierre de Breville beschworen, deren schwebende Melodielinien Sindy Mohamed ausgesprochen einfühlsam betont. Gestalterische Klarheit und Sinn für Struktur herrschen deutlich vor. Eine Nähe zu Cesar Franck fällt auf, was insbesondere Modulationstechnik und Chromatik betrifft. Dann folgt die Sonate op. 11 Nr. 4 für Viola und Klavier von Paul Hindemith, wo Sindy Mohamed von Julien Quentin (Klavier) einfühlsam begleitet wird. Melodische Bewegungslinien und vorantreibende Rhythmik werden hier hervorragend hervorgehoben. Dies gilt vor allem für die Anklänge an Johannes Brahms und den romantischen Stil. Groteske Passagen stellen sich immer wieder dann ein, wenn Hindemth das Thema kunstvoll variiert. Von dem jungen ägyptischen Komponisten Khaled Al Kammar erklingt die interessante Komposition „Faten Amal Harby“ für Viola und Klavier aus dem Jahr 2022. Er ist in seiner Heimat vor allem bekannt für Melodien, die er für erfolgreiche Kinofilme und Serien geschrieben hat. Speziell für Sindy Mohamed hat Khaled Al Kammar das Stück neu arrangiert. Unterstützt wird sie bei der Einspielung von Wassim Mukdad (Oud) und Serdar Saydan (Riq). In der erwähnten Serie geht es um eine junge Frau, die dafür kämpft, ein sexistisches Gesetz zu ändern. Frauen, die neu heiraten, können auf dessen Grundlage die Kinder weggenommen werden. Das Thema Frauenrechte wird bei diesem Stück also in emotional vielschichtiger Weise verarbeitet. Der intensive Klang arabischer Instrumente verstärkt diesen Eindruck. In dieser Aufnahme erklingt außerdem eine Transkription von Felix Mendelssohns „Lied ohne Worte“. Mendelssohn hat dieses Werk für Clara Schumann komponiert. Es wurde von dem Bratschisten, Komponisten und Musikhistoriker Hermann Ritter kunstvoll arrangiert. Poetische Stimmung vermischt sich hier einfühlsam mit vielen Farben und Akzenten. Zuletzt ist noch die Viola-Transkription der Sonate für Fagott und Klavier op. 168 von Camille Saint-Saens zu hören, die Lea Hennino anfertigte. Lyrische Legato-Momente paaren sich dabei mit melodischen Anleihen an Johann Sebastian Bachs C-Dur-Präludium aus dem Wohltemperierten Klavier und Charles Gounods „Ave Maria“. Sinnreiche Grazie verbindet sich mit der reizvoll gestalteten Weiterentwicklung des thematischen Materials. Auch hier ist Julien Quentin wieder ein hilfreicher Klavierbegleiter.
Alexander Walther