Neue CD: Enjott Schneider mit „Movie Themes Made in Germany“ bei Solo Musica /
Reise durch die Tiefen der Emotion
Das vorliegende Album präsentiert Filmmusik aus drei Jahrzehnten, die neu als Suiten und Tondichtungen arrangiert wurden. „Jenseits der Sehnsucht“ entstand als Abspannmusik zum ARD-Film „Ohne Dich“. Die Töne spiegeln die traumatische Suche einer jungen Frau nach ihrem verschwundenen Partner wider. Wahn und Wirklichkeit verschwimmen in suggestiver Weise. „Catarina von Siena. Die Mystikerin“ porträtiert hier die italienische Heilige als Visionärin, deren Leben von Spiritualität geprägt war. Diese besondere mystische Aura blitzt in Schneiders Musik auf. „Mondsee“ ist eine Hommage an das sagenumwobene Auge der Erde, das von Henry David Thoreau inspiriert wurde. Schneiders subtile Musik lässt den Hörer in die Tiefe eines Sees blicken. „Die andere Frau“ erzählt von zwei Frauen, deren Leben durch die Schatten der Vergangenheit in geheimnisvoller Weise miteinander verbunden sind. Musikalische Wellenbewegungen werden sehr abwechslungsreich von Klavier und Violine nachgezeichnet. „Leise Schatten – Silent Shadows“ basiert auf Sherry Hormans preisgekröntem Film. Das Klavier vertieft die Sensibilität der Hauptfigur Linda. Rhythmische Allegro-Passagen zeichnen surreale Welten nach. Im Finale klingt sogar Verdis „La Traviata“ an. „Move Themes Made in Germany“ ist dann ein virtuoser Streifzug durch das Hauptthema aus „Wildfeuer“, „Stalingrad“ schildert den Überlebenskampf, „Rama Dama“ fängt das Lebensgefühl der Nachkriegszeit ein. Und der schräge Walzer von „Herbstmilch“ schildert die Vergänglichkeit des Lebens. „Die Flucht“ ist ein aufregendes musikalisches Epos zu Kai Wessels Film, der die Weite Ostpreußens und die Größe einer Frauenfigur zum Inhalt hat. „Evolution. Konzert für Klavier und Orchester“ schildert die Entwicklung von Harmonie, Wettbewerb und Kooperation mit Saxophon und Rockdrums, während „Das Wunder des Mauerfalls – Leipzig 1989“ an den legendären Herbst des Jahres 1989 erinnert. Das „Wunder von Leipzig“ erscheint hier als Stimmung der „Friedlichen Revolution“ zwischen ruhigen Kirchenklängen und dramatischen Passagen. Das WDR Funkhausorchester wird hier von Frank Strobel sehr einfühlsam geleitet. Andreas Skouras (Piano) zeichnet unter anderem die Melodielinien bei „Catarina von Siena“ in bewegender Weise nach. Friedemann Eichhorn (Violine) überzeugt nicht nur bei der Elegie für Violine und Streicher „Jenseits der Sehnsucht“ mit sensiblem Bogenstrich. Und Inga Balzer-Wolf (Sopran) fesselt mit strahlkräftiger Höhe bei den „Movie Themes Made in Germany“ sowie „Die Flucht“. Manches Detail könnte dynamisch zuweilen noch ausgewogener sein, doch insgesamt überzeugt diese Aufnahme aufgrund ihrer inneren Geschlossenheit und rhythmischen Bewegungskraft.
Alexander Walther