München: “Konzert: Ravel, Mahler” – Münchner Philharmoniker, Valery Gergiev 28.03.2017
Ein sehr schönes Konzert gab es am Dienstagabend in der Philharmonie im Gasteig: Valery Gergiev dirigiert im ersten Teil „La Valse“ und das Klavierkonzert in G-Dur von Maurice Ravel, im zweiten Teil die 4. Symphonie von Mahler. Die Gemeinsamkeiten in diesem Programm finden sich in den tänzerischen Elementen, die es in allen drei Werken gibt, vom ekstatisch-brutalen Dreivierteltakt in „La Valse“ über die Jazz und Blues-Rhythmen im Klavierkonzert bis hin zu den ländlerischen Elementen in Mahlers 4 Symphonie.
In „La Valse“, hebt Gergiev vor allem die scharfen Kontraste hervor: immer wieder fährt das Blech zerstörerisch in die satten, schwingenden, hochpräzise gespielten Streicherklänge, die darauf mit noch mehr trotziger Emphase antworten, bis sich dann alles im Chaos auflöst.
Über Ravels Klavierkonzert In G-Dur sagte Pierre-Laurent Aimard in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunkt ein paar Tage vor dem Konzert, dass es „feines und raffiniertes Handwerk“ sei und dass man es „sehr ordentlich mit Feinheit und Geschmack hervorbringen“ müsse. Feinheit und Geschmack beweisen Aimard und Gergiev zur Genüge. Vor allem der 2. Satz mit seiner verträumten, an ein Nocturne von Chopin erinnernden Melodie über den den Rhythmus vorgebenden Akkorden der linken Hand, schafft eine tröstliche Ruhe, die im dritten Satz jäh durch das plötzlich einsetzende Presto zerstört wurde. Das plötzliche Ende erinnert wieder an das Ende von „La Valse“, allerdings ohne deren apokalyptischen Eindruck wieder zu beschwören.
Nach der Pause gibt es Mahlers 4. Symphonie, eine Musik, die Heiterkeit ausstrahlt, von großer innerer Ruhe erfüllt ist. Gergiev arbeitet hier die kammermusikalischen Elemente hervor – für Mahler ist diese Symphonie geradezu schlank besetzt – und holt Anklänge an Richard Strauss‘ Alpensinfonie hervor, vor allem in den Hörnermotiven der ersten beiden Sätze. Er setzt aber auch oft auf harte laut-leise Kontraste, die eher irdisch verhaftet klingen.
Der Finalsatz, ein Lied aus der Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“, hätte ursprünglich unter dem Titel „Was mir das Kind erzählt“ das Ende der 3. Symphonie bilden sollen. Mahler entschloss sich jedoch, es unter dem Titel „Das himmlische Leben“ an das Ende der 4. Symphonie zu setzen. In der Partitur steht vor diesem vierten Satz die Anmerkung „Es ist von höchster Wichtigkeit, dass die Sängerin äusserst diskret begleitet wird“. Das nimmt Gergiev wörtlich und ist ein extrem zurückhaltender Begleiter für Genia Kühmeier, die die Sopranpartie ganz zurückgenommen mit jugendlich-warmer Stimme singt, wunderbar sanft kann sich die Stimme entfalten, auch im zartesten Pianissimo noch gut hörbar. Zwischen den Strophen dürfen dann die Schellen scheppern, da drehen die Münchner Philharmoniker noch mal richtig auf, um dann am Ende mit Englischhorn und Harfe in Stille zu verhauchen.
Susanne Kittel-May