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MÜNCHEN/Nationaltheater: 1. AKADEMIEKONZERT DES BAYERISCHEN STAATSORCHESTERS mit Petrenko und Damrau

20.09.2016 | Konzert/Liederabende

München / 1. Akademiekonzert des Bayerischen Staatsorchesters / Petrenko, Damrau / Ligeti, Strauss, Tschaikowsky 19.09.2016

Was für eine tolle Kombination, was für ein Konzert gestern Abend im Nationaltheater München. Zuerst das Lontano für großes Orchester von György Ligeti, dann die Vier letzten Lieder von Richard Strauss und zur Krönung die Symphonie Nr. 5 in e-Moll op. 64 von Tschaikowsky.

In der Einführungsveranstaltung wurde Ligetis Lontano mit einem Nudeltopf verglichen, unter dessen Deckel es brodelt und zischt, dessen Druck sich aber nicht entlädt. Der Vergleich mag etwas banal sein, aber er passt ganz gut auf diese „mikropolyphone“ Musik. Ein Klanggespinst entfaltet sich, ohne Anfang oder Ende, organisch an-und abschwellend, voller Spannung. Es entwickelt einen eigenartigen meditativen Sog bis es in einem tiefen, leisen Ton verklingt, der unmerklich zum Rauschen des eigenen Blutes in den Ohren wird, so lange hält Kirill Petrenko am Ende die Spannung aufrecht, mucksmäuschenstill ist es im Saal, bis er die Hände sinken lässt und die Anspannung sich im Beifall entladen kann.

Auch Strauss breitet Klanggeflechte für den Hörer aus, oder besser gesagt einen Klangteppich aus Streichern, darüber schwebt die hohe Frauenstimme. Diana Damrau steht wie in sich versunken da und singt sehr verinnerlicht, mit schwebenden Piani, nimmt die Hörer mit auf eine letzte Reise, vor der man keine Angst haben muss. Sie verzichtet völlig auf ihre sonstigen Manierismen, sowohl in den Bewegungen als auch in der Stimme; an der Textverständlichkeit hapert es leider, schade um die schönen Gedichte.

Und dann der Höhepunkt des Abends. Die 5. von Tschaikowsky. Petrenko hüpft und tanzt mit unbändiger Energie auf seinem Podium. Holt mit großen weitausholenden Bewegungen das letzte aus den Musikern heraus.Die zügigen Tempi lassen keine romantisch-süßliche Verklärung in den Streichern des zweiten Satzes aufkommen. Rhythmische Prägnanz und transparentes Klangbild schaffen einen völlig neuen Tschaikowsky-Sound, das Ende ist nicht Resignation, sondern ein selbstbewusstes Annehmen des eigenen Schicksals.

Am Ende tobt das Publikum, erklatscht sich aber keine Zugabe. Leider.

Susanne Kittel-May

 

 

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