Albert Lortzing. Foto: Youtube
Opernrarität in München: „Zum Groß-Admiral“ von Albert Lortzing (17. 11. 2019)
Seit vielen Jahren bringt der Bayerische Rundfunk in seinen Sonntagskonzerten eine Opernrarität im Münchner Prinzregententheater konzertant zur Aufführung. Am 17. November wurde die Oper „Zum Groß-Admiral“ von Albert Lortzing vom Münchner Rundfunkorchester gespielt, die ihre Uraufführung im Jahr 1847 in Leipzig hatte.
Der deutsche Komponist Albert Lortzing (1801 – 1851), der bereits als Fünfjähriger in der Laienspielgruppe seiner Eltern auftrat, erhielt sehr früh Klavier-, Violin- und Cellounterricht. Bereits im Jahr 1812 komponierte er eine Schauspielmusik zu Schillers Bürgschaft, seine erste Oper Ali Pascha von Janina kam 1828 in Münster zur Aufführung. Nachdem er eine Reihe von Singspielen – darunter Andreas Hofer und Szenen aus Mozarts Leben – komponiert hatte, machte er 1833 in Leipzig die Bekanntschaft von Heinrich Marschner, die für ihn wegweisend wurde. 1837 entstand seine erste komische Oper Die beiden Schützen und noch im selben Jahr sein wohl erfolgreichstes Werk Zar und Zimmermann.
Nach seiner Kündigung des Leipziger Engagements wurde Lortzing nach Wien berufen, wo er Kapellmeister am Theater an der Wien wurde und dort 1846 seine Oper Der Waffenschmid zur Uraufführung brachte. Dennoch gab er seine nächste Oper Zum Groß-Admiral erneut nach Leipzig. Da Albert Lortzing im Revolutionsjahr 1848 Lieder für die damals in Wien revoltierenden Studenten schrieb, verlor er seine Stellung am Theater an der Wien. Seine damals entstandene Oper Regina wurde dadurch erst nach seinem Tod in Berlin im Jahr 1899 uraufgeführt. Seine Hoffnung auf eine Anstellung in Leipzig oder Berlin zerschlug sich, sodass er sein Auskommen als reisender Schauspieler zu finden versuchte. Er erkrankte und konnte die Uraufführung seines letzten Werks Die Opernprobe am 20. Jänner 1851 in Frankfurt nicht mehr besuchen. Am Tag darauf starb er in Berlin.
Der Inhalt der Oper Zum Groß-Admiral, deren Libretto Albert Lortzing nach der Komödie La jeunesse de Henri V. von Duval (alias Alexandre-Vincent Pineu) selbst schrieb, in Kurzfassung: Der englische Thronerbe Heinrich entflieht gerne seinen Pflichten und vergnügt sich lieber bei nächtlichen Abenteuern, wie beispielswese als Matrose verkleidet in der Schenke „Zum Groß-Admiral“, wo er in den Verdacht eines Diebstahls gerät. Seine Gemahlin Catharina und Graf von Rochester haben ihm in der Kneipe eine Falle gestellt. In einer Nebenhandlung verliebt sich sein Page Eduard in Betty, der Nichte des Seebären Copp.
Am Schluss beschließt Heinrich, ein Leben als Herrscher anzustreben und damit seinen Pflichten nachzukommen. – Betty und Eduard finden zueinander und Catharina verzeiht ihrem Gatten. Das Fürstenpaar wird bejubelt.
Ulf Schirmer. Foto: Kirsten Nijhof
Wie stets wartete auch dieses Mal der Bayerische Rundfunk mit einer erstklassigen Besetzung auf. Dem Münchner Rundfunkorchester unter der äußerst temperamentvollen Leitung von Ulf Schirmer gelang es, die romantische Partitur des Großmeisters der deutschen Spieloper, der die einzelnen Figuren des Werks trefflich zu charakterisieren vermochte, ebenso trefflich wiederzugeben.
In der Hauptrolle als Heinrich V. konnte sich der für Julian Prégardien eingesprungene Tenor Bernhard Berchtold durch seine lyrische Stimme auszeichnen, auch wenn er manchmal ein wenig zurückhaltend wirkte. Stimmlich exzellent war die junge deutsche Sopranistin Anett Fritsch als seine Gemahlin Catharina. Sie bot auch mimisch eine beeindruckende Leistung, ihre Gefühle spiegelten sich wunderbar in ihrem Antlitz wider. Schon nach ihrer ersten Arie erhielt sie aus dem Publikum „Brava“-Rufe.
Die aus Göttingen gebürtige Sopranistin Lavinia Dames, die in Wien an der Universität für Musik und darstellende Kunst studierte und Bühnenerfahrung beim Richard Wagner-Festival Wels sowie am Schlosstheater Schönbrunn sammelte, sang die Rolle der Betty, der Nichte des Seebären Copp, nicht minder ausdrucksstark. Ihr gelang es besonders gut, mit Mimik und Gestik ihre Gefühle für ihren Harfenlehrer Guido auszudrücken, hinter dem sich in Wahrheit Eduard, der Page von Rochester, verbirgt. Er wurde von der Sopranistin Julia Sophie Wagner gesungen, die in ihrer „Hosenrolle“ sowohl stimmlich wie auch schauspielerisch gleichfalls eine beeindruckende Leistung bot.
Rollengerecht agierte auch der schlanke Bariton Jonathan Michie als Richard, Graf von Rochester. Mit seiner kräftigen Stimme und seiner prägnanten, ausdrucksstarken Gestik erntete er immer wieder Szenenapplaus. Als Copp Movbrai setzte der Basssänger Martin Blasius seine volltönende Stimme mit großer Routine ein.
Aus dem Chor des Bayerischen Rundfunks (Einstudierung: Stellario Fagone), der besonders in der Schluss-Szene seinen stärksten Auftritt hatte, müssen noch zwei Chorsolisten genannt werden: der Tenor Andreas Hirtreiter, der als Kammerdiener John Snakefield zwei Kurzauftritte hatte, und der Bass Matthias Ettmayr, der drei kleinere Rollen (Zeremonienmeister, William, Page) verkörperte.
Am Schluss der konzertanten Aufführung gab es für das Sängerensemble, den Chor und das Orchester sowie für den Dirigenten vom Publikum minutenlang Applaus, in den sich auch viele „Bravi“-Rufe mischten. Wie beliebt diese Sonntagskonzerte des Bayerischen Rundfunks sind, zeigt sich auch daran, dass die Vorstellungen im Münchner Prinzregententheater stets restlos ausverkauft sind.
Udo Pacolt
PS: Im nächsten Sonntagskonzert des Bayerischen Rundfunks am 26. 1. 2020 wird die Oper „L’île du rève“ von Reynaldo Hahn gespielt.