Charles Gounod
Opernrarität in München: „Le tribut de Zamora“ von Charles Gounod
(konzertante Aufführung: 28. 1. 2018)
Seit Jahren bringt der Bayerische Rundfunk im Rahmen seines Zyklus Sonntagskonzerte Opern- und Operettenraritäten zur Aufführung, die vom Münchner Rundfunkorchester im Prinzregententheater gespielt werden. Am 28. Jänner 2018 fiel die Wahl mit Unterstützung der Stiftung Palazzetto Bru Zane – Centre de musique romantique française auf „Le tribut de Zamora“ von Charles Gounod.
In seiner letzten Oper, die im Jahr 1881 in Paris uraufgeführt wurde, verband der französische Komponist meisterhaft lyrische Melodien mit farbenreichem Lokalkolorit. Die Oper in vier Akten, deren Libretto Adolphe D’Ennery und Jules Brésil verfassten, spielt im neunten Jahrhundert zur Zeit der maurischen Besetzung Spaniens. Alljährlich entrichten die Christen in Nordspanien den „Tribut von Zamora“ (hundert Jungfrauen), denn in der Schlacht um diese Stadt unterlagen sie den Truppen des Kalifen von Córdoba.
Der Inhalt der Oper in Kurzfassung: Das Glück der beiden Liebenden Xaïma und Manoël scheint für immer zerstört, als Ben-Saïd, der Gesandte des Kalifen von Córdoba, deren Hochzeit vereitelt und Xaïma für sich beansprucht. Im Palast fordert Manoël Ben-Saïd zum Duell, unterliegt aber. Auf Bitten von Xaïma wird er begnadigt, will jedoch Selbstmord begehen. Inzwischen erkennt Xaïma in der irren Hermosa ihre eigene Mutter. Beide danken Gott für ihre Wiedervereinigung. Schließlich kommt es zu einem dramatischen Finale. Hermosa, deren Wahn gewichen ist, sticht mit Manoëls Dolch auf Ben-Saïd ein. Ehe dieser stirbt, gesteht er Xaïma nochmals seine Liebe. Xaïma und Manoël dürfen den Palast verlassen und gehen gemeinsam in die Freiheit.
Judith van Wanroij. Copyright: Gerard de Haan
Mit einer erstklassigen Leistung wartete das international besetzte Sängerensemble auf, allen voran die niederländische Sopranistin Judith van Wanroij in der Rolle der Xaïma und die amerikanische Sopranistin Jennifer Holloway als deren Mutter Hermosa. Ihr bewegendes Duett im dritten Akt zählte zu den Höhepunkten der Aufführung und wurde von Publikum mit minutenlangem Beifall gewürdigt. Ausdrucksstark auch die französische Mezzosopranistin Juliette Mars als Xaïmas Freundin Iglesia.
Dem weiblichen Trio standen die männlichen Darsteller um nichts nach. Auch sie begeisterten das Publikum mit ihren markanten Stimmen. In der Rolle des Manoël überzeugte der litauische Tenor Edgaras Montvidas ebenso wie der griechische Bariton Tassis Christoyannis als Ben-Saïd, der seiner Stimme immer wieder dramatische Färbung gab. Besonders ausdrucksstark agierte der russische Bariton Boris Pinkhasovich als Ben-Saïds Bruder Hadjar, dessen kräftige und volltönende Stimme das Publikum begeisterte.
Dieses männliche Trio ergänzten noch der armenische Tenor Artavazd Sargsyan als Alkalde und Kadi sowie der langmähnige französische Bariton Jérôme Boutillier in den beiden Rollen des Königs und eines arabischen Soldaten. Wieder besonders stimmgewaltig agierte der Chor des Bayerischen Rundfunks (Einstudierung: Stellario Fagone), dessen Stimmen sowohl die Bewohner Oviedos wie auch Córdobas spanische Bevölkerung und Mauren, aber auch Haremsfrauen zu repräsentieren hatte.
Das groß aufspielende Bayerische Rundfunkorchester unter der Leitung des französischen Dirigenten Hervé Niquet, der mit selten gesehener Leidenschaft das Orchester lenkte, brachte die romantisch-dramatische Partitur von Charles Gounod, dessen Geburtstag sich 2018 zum 200. Mal jährt, in allen Nuancen zum Klingen und wurde zum Schluss der konzertanten Aufführung vom begeisterten Publikum mit frenetischem Applaus bedacht.
Udo Pacolt
PS: Als Opernfreund muss man dem Bayerischen Rundfunk und seinem Kooperationspartner Palazzetto Bru Zane für die seit Jahren gelungene Wiederentdeckung selten gespielter Werke französischer Komponisten danken.