Münchner Opernfestspiele: Prinzeregententheater: FESTSPIEL-LIEDERABEND ERWIN SCHROTT UND GIULIO ZAPPA, 25.07.2021:
Festspielkonzerte von Erwin Schrott sind in den letzten Jahren in München zu einer schönen Tradition geworden. So gab es vor einigen Jahren eine „kubanische Nacht“ und 2019 einen melancholischen Tango-Abend, beide Male mit südamerikanischer Band. Dieses Jahr luden Erwin Schrott und Pianist Giulio Zappa zu einem Liederabend ins Münchner Prinzregententheater. Auf dem Programm standen eher unbekannte, gefühlvolle und schwelgerische Lieder der Komponisten Carlos Guastavino, und Jacques Ibert, sowie von Giuseppe Verdi und Paolo Tosti. Man merkte Erwin Schrott und Giulio Zappa an, dass sich beide intensiv mit den selten gespielten Werken beschäftigt hatten, so natürlich, harmonisch und mit tiefem, aber nie übertriebenen Ausdruck, wie sie musizierten. Die Freude der beiden Künstler an der dargebotenen Musik übertrug sich unmittelbar auf das Publikum und begeisterte es von der ersten Minute an. Erwin Schrott beeindruckte wie eh und je mit seiner klangvollen, frei strömenden Stimme und seinen nuancierten, tief empfundenen, immer authentischen Interpretationen. Giulio Zappa erwies sich sowohl als sensibler Begleiter als auch als virtuoser Solo-Künstler mit Stücken wie der „Petite valse“ von Mario Tarenghi, einer Romanze für Klavier von Francesco Cilea und einer weiteren Romanze von Anton Rubinstein. Dass Erwin Schrott bei einem der reinen Klaviervorträge auf der Bühne stehen blieb und zuhörte, war ein wunderschöner Ausdruck der Wertschätzung für seinen musikalischen Partner. Dadurch und durch seine warmherzige, freundschaftliche Moderation, die dem Publikum wertvolle Informationen über die selten aufgeführten Lieder brachte und etwas unerfahreneren Liederabend-Zushörern etwaige Berührungsängste sofort nahm, wurde der Unterschied zwischen Künstler und Publikum im Laufe des Abends immer geringer, und es entstand eine Atmosphäre des gemeinsamen Erlebens und Genießens wunderbarer Musik. Allein das hätte das Konzert schon zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht. Das musikalische und stimmungsmäßige Feuerwerk, das Erwin Schrott am Ende mit den Zugaben noch abbrannte, quasi mit einem „best of“ seines Repertoires (der Registerarie aus „Don Giovanni“, „Son lo spirito che nega“ aus Arrigo Boitos „Mefistofele“ und „Rojo Tango“ von Pablo Ziegler) machte den Abend endgültig zu einem ganz besonderen und versetzte das Publikum in wahre Euphorie. Musikalische Erlebnisse wie diese führen einem vor Augen, was für ein Verlust die geschlossenen Theater in Lockdown-Zeiten waren, und warum auch die besten Streaming-Angebote von „Geisteraufführungen“ das Live-Erlebnis niemals ersetzten können.
Gisela Schmöger