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MÜNCHEN/ Opernfestspiele: LIEDERABEND CHRISTIAN GERHAHER und GEROLD HUBER

Eine Hommage an Hermann Prey und Wolfgang Sawallisch

26.07.2018 | Konzert/Liederabende

München: Münchner Opernfestspiele: LIEDERABEND CHRISTIAN GERHAHER und  GEROLD HUBER, 23.7. 2018

Eine Hommage an Hermann Prey und Wolfgang Sawallisch

 Mehrere bekannte und verehrte Künstler standen an der Wiege dieses Liederabends: Laut Festspielprogramm hätte Piotr Bezcala im Nationaltheater einen Liederabend mit vorwiegend polnischen Komponisten geben wollen. Nach der kurzfristigen Absage von Roberto Alagna als Lohengrin in Bayreuth übernahm Bezcala nur drei Wochen vor der Premiere dort die Partie. Ein Liederabend in München nur zwei Tage vor dieser Premiere war da wohl nicht mehr möglich. Er sagte in München ab und Christian Gerhaher und Gerold Huber sprangen ein, obwohl auch sie bei den Münchner Opernfestspielen und an anderen Kultstätten ihre Verpflichtungen haben. Sie kündigten einen Abend mit Liedern von Robert Schumann und Claude Debussy an und in wenigen Tagen war das Nationaltheater ausverkauft.

Im Programmheft schildert Gerhaher, dass er 1988, – als Student im ersten Semester –  im Cuvillies-Theater in München einen Liederabend mit Hermann Prey und Staatsoperndirektor Wolfgang Sawallisch gehört habe, der ihn so tief beeindruckt habe und sein späteres Schaffen so prägen sollte, dass er seinen Freund Gerold Huber – ebenfalls Erstsemester-Student an der Musikhochschule München – fragte, ob sie sich gemeinsam auch in diesem Repertoire versuchen wollten. Seitdem arbeiten beide am Liedrepertoire und das von Anfang an als Duo. Hermann Prey, damals knapp 70 Jahre alt und 10 Jahre vor seinem Herztod am 22. Juli 1998 sang an diesem denkwürdigen Abend Schumanns Dichterliebe und die Kerner-Lieder.   

In Verehrung widmeten Gerhaher und Huber ihr Programm und „den Konzert-Abend dankbar den genannten unvergesslichen Künstlern“. (Programmheft)

Die beiden Teile des Abends starteten mit je drei Liedern von Claude Debussy: „Trois Chansons de France“ und „Trois poemes de Stéphane Mallarmé“, in textverständlichem Französisch wundervoll gesungen und von duftigem Klavierton begleitet. (Aber mich hat das Umschwenken müssen auf die französische Sprache kurz vor zwei Kernstücken der deutschen Romantik etwas irritiert.) Dann aber kam ja Robert Schumann pur. Zunächst die sechs „Lieder und Gesänge“ op. 27 und dann die „Dichterliebe“ op. 48 nach Gedichten von Heinrich Heine. Man ist immer wieder überwältigt von der vielschichtigen sängerischen Gestaltung der unterschiedlichen Liedcharaktere und der großen Textverständlichkeit. Lyrische, dramatische und erzählende Stellen singt Christian Gerhaher mit einer eigenen, überzeugenden Natürlichkeit, hinter der man aber seine immens ernsthafte geistige Beschäftigung mit dem Werk und seine Arbeit daran spürt. Gerold Huber ist ihm ein kongenialer Partner. Sein Klavierspiel ist nicht „Begleitung“, sondern Mitgestaltung auf gleicher Ebene. Wenn Christian Gerhaher in einem Aufsatz die Eigenschaft „intuitiv“ im  Bezug auf seinen Duo-Partner mehrmals erwähnt, dann ahnt man etwas von der Struktur dieser idealen künstlerischen Partnerschaft.

Nach der Pause dann die seltener zu hörenden Zwölf Gedichte op. 35 von Justinus Kerner. Gerhaher und Huber sind – entgegen der Meinung anderer – der Auffassung, dass dieses Werk nicht eine Aneinanderreihung von Gedichten ist, sondern dass durch Schumanns Komposition ein echter Liederzyklus entstanden ist, der die Liebesgeschichte eines jungen Mannes erzählt, die von Anfang an unglücklich ist und nur mit dem Tod des Jünglings enden kann. Entsprechend gestalten die beiden Künstler den Zyklus so intensiv und packend, dass man nach dem letzten Lied „Alte Laute“ wie aus einem Traum zu erwachen scheint.

Zum Schluss gab es viel Beifall des begeisterten Publikums, das noch mit zwei Schumann-Zugaben beschenkt wurde (Der Einsiedler und „Mein Wagen rollet langsam …“).

 Helga Schmöger

 

 

 

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