Stehende Ovationen. Foto: Klaus Billand
Stream: Erster Aufzug „Die Walküre“ von Richard Wagner konzertant aus der Bayerischen Staatsoper am 13.5.2021/ MÜNCHEN
STÜRMISCHES FEUER
Zum ersten Mal seit der Corona-Pandemie fand in der Staatsoper konzertante Oper mit Publikum statt. Ein denkwürdiges Ereignis. Unter der Leitung von Asher Fisch musizierte das Bayerische Staatsorchester schon beim Gewittersturm mit dynamischem Feinschliff. Lise Davidsen (Sopran) und Jonas Kaufmann (Tenor) gelang es sofort, zwischen dem Liebespaar Siegmund und Sieglinde ein knisterndes Feuer hervorzuzaubern. Georg Zeppenfeld (Bass) gestaltete Hunding hier mit theatralischer Schlüssigkeit. Die einheitliche Tonalität über dem Orgelpunkt bildete das Fundament für die Gesangsstimmen. Die Donner-Rufe B-Dur, C-Dur und D-Dur waren markante Eckpfeiler für das weitere hochdramatische musikalische Geschehen.
Jonas Kaufmann schilderte als Siegmund mit klug aufgebauter Steigerung seinen bisherigen Lebenskampf, während Georg Zeppenfeld als Hunding prägnant zu erkennen gab, dass er in Siegmund jenen Mann erkannte, zu dessen Verfolgung er von seinen Verwandten aufgefordert worden war. Er war hier durchaus eine drohende Gestalt mit scharfer rhythmischer Akzentuierung, auch wenn die dämonische Gestaltungskraft zuweilen noch stärker sein könnte. Siegmunds absteigende, fast schmerzvolle Melodie betonte Jonas Kaufmann hier sehr bewegend. Bei Siegmunds Monolog brach dann das Motiv des „großen Gedankens“ überzeugend durch, wobei sich die Schwert-Fanfare in der sieghaften Trompete in C-Dur strahlend meldete. Die einfühlsam-schöne Melodie in den Celli ließ dann deutlich werden, wie intensiv sich Siegmund und Sieglinde in diesem Moment ineinander verliebten. Diesem Motiv der Wälsungenliebe widmete der Dirigent Asher Fisch seine ganze Aufmerksamkeit. Überhaupt schien der gesamte dramaturgische Aufbau der Szene trotz der konzertanten Aufführung sehr gelungen zu sein. Nachdem Sieglinde ihrem Mann Hunding einen betäubenden Schlaftrunk gab, konzentrierte sich das Geschehen schließlich auf das in der Esche befindliche Schwert. In diesem Moment überwältigte ein leidenschadftlicher Gefühlssturm dieses Liebespaar: „Winterstürme wichen dem Wonnemond“. Sie erkannten sich auch als Bruder und Schwester – Sieglinde gab ihm den Namen Siegmund. Lise Davidsen und Jonas Kaufmann gestalteten den ekstatischen Wechselgesang am Schluss dieses ersten Aufzugs mit hervorragender Gestaltungskraft. Auch das Wälsungenleid-Motiv in den tiefen Streichern erreichte zuletzt wahre Siedegrade. Gerade das sich wirkungsvoll steigernde Streichertremolo beim hellen Aufleuchten des Schwert-Motivs arbeitete Asher Fisch als Dirigent prägnant heraus. Es war das Signal für die gewaltige Stretta, die Lise Davidsen und Jonas Kaufmann mit geradezu sphärenhafter Leuchtkraft gestalteten. Trompeten, Tuben und Posaunen setzten dabei ebenfalls kräftige Akzente, die sich in fließendem Übergang auf den Streicherapparat übertrugen.
Es folgte noch ein besinnlicher Zugabenreigen, den Lise Davidsen, Jonas Kaufmann und Georg Zeppenfeld gemeinsam mit Asher Fisch (Klavier) bestritten – darunter fast sanft entschwebend „Träume“ aus den „Wesendonck“-Liedern von Richard Wagner mit Jonas Kaufmann und „Wie schön ist doch die Musik“ aus der „Schweigsamen Frau“ von Richard Strauss mit Georg Zeppenfeld. Riesenjubel.
Alexander Walther