München:“Madama butterfly”–Bayerische Staatsoper 24.01. 2018– Hausmannskost á la Japonesa
Madame Butterfly München – Ensembleszene mit Chor aus dem ersten Akt
© Wilfried Hösl
Musikalische Hausmannskost gibt es zurzeit in der Bayerischen Staatsoper. Denn zwischen die vier Gourmet-Gänge des Rings wurde eine Wiederaufnahme der inzwischen weit über 40 Jahre alten Butterfly-Inszenierung von Wolf Busse eingeschoben. Die ist zwar hübsch anzuschauen, mit ihrer an japanische Holzschnitte erinnernden Bühne und den Kostümen, aber die psychologischen Aspekte bleiben völlig ausgeblendet. Es wird eine traurig endende Liebesgeschichte erzählt, während die Musik brutal und modern mit viel Blech die Geschichte einer Obsession erzählt. Denn anders kann man es wohl nicht nennen, wenn Cio-Cio-San so gar nicht begreifen will, dass ihr Geliebter nicht wiederkommt und sogar das gemeinsame Kind zunächst instrumentalisiert, um ihn wiederzubekommen. Vielleicht gibt es ja irgendwann einmal eine psychologisch differenzierendere Inszenierung, die Musik hätte es jedenfalls verdient.
Diesmal war also Maria José Siri die Madame Butterfly. Die uruguayische Sängerin hat die Rolle im Dezember 2016 bei der „Inaugurazione“ der Mailänder Scala verkörpert und wurde dafür von der Kritik sehr gefeiert. In der hier besprochenen Münchner Vorstellung benötigte sie etwas Anlaufzeit, der Funke springt erst im zweiten Akt über. Im ersten Akt sind die Höhen doch etwas schrill, allerdings zeigt sie auch da schon wunderschöne Pianobögen, so die Lautstärke des Orchesters das zulässt. Unter dem undifferenziert lauten Dirigat von Daniele Callegari im ersten Akt leidet vor allem das Liebesduett, da kann so überhaupt keine Intimität aufkommen, da beide Sänger gezwungen sind zu forcieren.
Nach der Pause dann klingt es anders: das Dirigat differenzierter, die Vielfarbigkeit von Puccinis Partitur, die impressionistischen Elemente, kommen endlich zur Geltung, und Maria José Siri kann die weiche, warme Mittellage ihrer Stimme und die leuchtenden Pianohöhen endlich voll entfalten. Spätestens mit „Unbel di vedremo“ zieht sie dann das Publikum in ihren Bann.
F. Pinkerton ist Alexey Dolgov, der vor allem darstellerisch eine gute Figur macht. Er erinnert in seiner unbekümmerten Schlacksigkeit, in Figur und Körpersprache, an den jungen Frank Sinatra. Seine baritonal grundierte Stimme klingt in der Mittellage sehr schön, auch wenn die Piani manchmal etwas fahl sind, in der Höhe muss er des Öfteren forcieren.
Als Sharpless und Suzuki sind alte Bekannte im Einsatz: LeventeMolnár und Okka von der Damerau. Molnár beginnt mit leichten Unsicherheiten, manche leise angesetzten Töne klingen etwas heiser, steigert sich aber im Laufe der Aufführung und verwöhnt das Publikum dann mit seinem kultivierten Bariton.Okka von der Damerau zeigt vielleicht die beste Gesangsleistung des Abends. Einen so weichen, bruchlosen Mezzosopran, mit voller, aber nie orgelnder Tiefe und mühelosen Höhen findet man nicht überall. Sie ist ein echter Glücksfall für die Bayerische Staatsoper.
Vom Rest der Ensembles möchte ich noch Matthew Grills hervorheben. Er singt den Kuppler Goro mit lyrischer Tongebung und stellt doch den schmierigen Charakter des Kupplers sehr glaubhaft dar.
Die übrigen, recht kleinen Rollen sind von Niamh O’Sullivan als Kate Pinkerton, Sean Michael Plumb als Fürst Yamadori, Peter Lobert als Onkel Bonzo, Oleg Davydov als Yakusidé und Boris Prýgl als Kaiserlichem Kommissär auf hohem Niveau besetzt.
Insgesamt eine Vorstellung mit Luft nach oben. Vielleicht braucht es ja doch einmal eine Neuinszenierung.
Susanne Kittel-May