Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MÜNCHEN/ Gärtnerplatztheater/Studiotheater: RITA – ein Einakter von Gaetano Donizetti. Premiere

11.07.2022 | Oper international

Donizetti „RITA“ – Gärtnerplatztheater München, 10. Juli (Premiere)

 Als Gaetano Donizetti am 8. April 1848 in seiner Heimatstadt Bergamo verstarb, wurde sein Nachlass zunächst versiegelt und ehe das Vermächtnis des Komponisten, insbesondere seine Partituren, unter seinen nächsten Verwandten aufgeteilt werden konnten, verstarb auch sein Bruder Giuseppe. Dessen Sohn erwarb die Rechte an den Kompositionen des Onkels von den anderen Miterben. Unter den nun wieder in einer Hand befindlichen Noten befand sich auch die Partitur von „Rita“, einer einaktiken opera buffo, die 1841 komponiert an der Opéra Comique aufgeführt werden sollte. Zu dieser geplanten Uraufführung kam es aus verschiedenen Gründen, die alle zu erwähnen den Rahmen sprengen würde, nicht und eine von Adolphe Adam, zu dieser Zeit Direktor des Hauses, an der Opéra National geplante Aufführung scheiterte an der ungeklärten Frage des Erbes. So erfolgte die Uraufführung erst lange nach dem Tod des Komponisten am 7. Mai 1860 am vorgesehenen Ort der Erstaufführung, der Opéra Comique.

Seit gestern, 10. Juli, steht „Rita“ nun am Spielplan des Gärtnerplatztheater in München (nachdem die im Mai geplante Premiere pandemiebeding verschoben werden musste) in einer textlichen Neufassung, von Übersetzung spricht nicht einmal das Programmheft, von Thomas Pigor.

Zweifellos ist „Rita“ keines der bedeutenden Meisterwerke Donizettis und steht zu Recht nicht auf den Spielplänen der großen Häuser, nicht einmal in Italien. Aber dieser Einakter bietet nette Unterhaltung und ist ideal für ein Sängerensemble, das einerseits über stimmliche wie schauspielerische Qualitäten verfügt und auch miteinander kann. Und diese Anforderungen erfüllt das Gärtnerplatztheater ohne wenn und aber.

Es gibt gute Gründe, dass diese Produktion nicht im Haus sondern auf der Studiobühne gezeigt wird. Karl Fehringer und Judith Leikauf haben ein einfaches und gleichermaßen zweckmäßiges Bühnenbild geschaffen. Die Osteria erinnert in ihrem 50er-Jahre Stil sehr an ein Cafe, wie man es überall in Italien findet; zeitlos modern und stilistisch passend sind auch die von diesem Team entworfenen Kostüme. Solide und ohne peinliche Übertreibung ist die Personenführung von Maximilian Berling, was beim vorliegenden Text stark für die Qualität des Regisseurs spricht.

Musikalisch entspricht diese Premiere durchaus dem gewohnt hohen Niveau des Hauses. Cecilia Gaetani, dem Schreiber dieser Zeilen bisher unbekannt, ist eine absolut rollendeckende Sängerin der Titelfigur, die stimmlich, schauspielerisch und optisch überzeugt. Den Namen sollte man sich merken. Gyula Rab, häufig in zweiten Rollen aber immer wieder auch als erster Tenor zu hören, kann als ihr Mann Beppe beweisen, welch tenorale Qualitäten in ihm stecken. Und Ludwig Mitterhammer, der ehemalige Gatte von Rita, kann ich mir nach dieser Premiere in manch einer Charakter verlangenden Rolle von Rossini oder Doniizetti vorstellen. Dieter Fernengel, dessen Rolle als Gast (und Mafioso) es in dieser Form im Original nicht gibt, ist ein rollengerechter Stichwortbringer.

Oleg Ptashnikov leitet aufmerksam und sängerfreundlich das im Bühnenhintergrund spielende Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz.

Zu dieser musikalisch wie szenisch und optisch durchaus überzeugenden Premiere müssen abschließend ein paar kritische Worte zum deutschsprachigen Text geschrieben werden. Das Gärtnerplatztheater spielt im Regelfall in der Originalsprache, Ausnahmen wie etwa bei „Hoffmanns Erzählungen“ bestätigen die Regel. Und bei Übersetzungen gibt es immer die Gratwanderung zwischen Texttreue und Sprachmelodie. Es gibt zu viele Übersetzungen, in denen der Übersetzer vor allem sich selbst verwirklicht sehen möchte und nicht das Libretto in die jeweilige Landessprache transferiert. Und genau das, nämlich die Selbstverwirklichung, ist die textliche Neufassung von Thomas Pigor. Das versucht die Dramaturgin Fedora Wesseler im Programmheft in einem fiktiven Gespräch mit Gaetano Donizetti zu widerlegen und den zeitgemäßen Text zu verteidigen und zu begründen. Ob aber sowohl der Komponist oder der Textdichter – vom Librettisten ist nie (!) die Rede – mit Wortschöpfungen wie „Da, dieses Häufchen Dreck, mach das weg ! Hopp Hopp! Wirds bald! Aber fix! Dann holt er seinen Besen und fängt zu kehren an. Okay, er ist ein Trottel, doch er ist mein Mann“ oder „da ist Ruhe im Karton“ glücklich wären oder ihnen zustimmen würden, darf bezweifelt werden. Diese Textfassung würde in weiten Teilen perfekt zum rheinischen Karneval passen. Dass auch das Libretto einer opera buffo ernst genommen werden muss, darf ein Übersetzter nicht übersehen. Da hat das jugenddominierte Neudeutsch kombiniert mit karnevalesken Schenkelklopferwitzen nichts verloren aber es dominiert.

Dass es das Gärtnerplatztheater auch anders – und besser, weil originaler Text – kann, haben „Maria Stuarda“ und „Anna Bolena“ kürzlich und „Don Pasquale“ schon etwas länger zurück bewiesen.

Michael Koling (Wien)

 

 

Diese Seite drucken