Aufstellung zum Sextett: Matija Meić (Sir William Cecil), Jennifer O’Loughlin (Maria Stuarda), Levente Páll (Georg Talbot), Elaine Ortiz Arandes (Anna Kennedy), Lucian Krasznec (Graf Leicester), Nadja Stefanoff (Elisabetta)
© Christian POGO Zach
MÜNCHEN/Gärtnerplatztheater: MARIA STUARDA. Eine Dreiecksgeschichte. Premiere am 22.3.2018
„Eine Belcanto-Oper wie Donizettis „Maria Stuarda“ lässt sich nicht naturalistisch inszenieren. „Tosca“ dagegen scheint mir ohne einen szenischen Realismus undenkbar. In meiner Inszenierung wirkt Puccinis Oper wie ein Film von heute. „Maria Stuarda“ wird eine ganz konzentrierte Sache, in der es um drei Figuren und ihr wechselndes Konstellationsdreieck geht. Die Regie ist vor allem dazu da, das Ohr zu schärfen.“ So beschreibt Regisseur Michael Sturminger in der AZ vom 22.03. 2018 die Unterschiede der beiden Opern, die er gleichzeitig zu inszenieren hat. Maria Stuarda in München mit Premiere am 22. März und Tosca in Salzburg, Premiere wird am 24. März sein. Und so zeigt er uns in der Premiere von Donizettis Tudor- Oper eine Dreiecksgeschichte: ein Mann zwischen zwei Königinnen, die eine, Elisabeth, liebt ihn, er liebt die andere, Maria, und kann sie doch am Ende nicht vor dem Henkersbeil retten.
Eine Treppe, drei Glaswände auf der Drehbühne, für die Szenen in Westminster werden fünf hellstrahlende Glaslüster vom Schnürboden heruntergelassen, das ist der gut bespielbare Rahmen, in dem diese Geschichte erzählt wird. Die opulenten Renaissance-Kostüme bilden dazu einen scharfen Kontrast. (Bühne und Kostüme: Andreas Donhauser, Renate Martin). Mit einer einfühlsamen Personenregie und einem spielfreudigen Ensemble an Sängerdarstellern wird das zu einem sehr erfreulichen Opernerlebnis.
Lucian Krasznec gibt den Roberto als sanften Frauenversteher, er kann sich nicht vor Elisabettas Avancen retten und fädelt doch die Intrige zur Befreiung Marias ein. Er wischt sich kurz vor der Begegnung der beiden Königinnen noch schnell mit dem Taschentuch Marias Lippenstift von den Lippen. Dann steht er wieder brav hinter Elisabetta. Die Rolle hat viel zu singen und liegt relativ hoch, Krasznec meistert das höhensicher mit schönem lyrischem Schmelz. Nach anfänglichem Dauerforte, an dem sein Duett-Partner Levente Páll nicht ganz unschuldig gewesen sein dürfte, bemühter er sich erfolgreich um Nuancen und Zwischentöne und zeigt neben herrlichen Phrasen auch einige wunderbare Messa di Voce Kunststücke.
Jennifer O’Loughlin gestaltet die Titelpartie mit enormer Bühnenpräsenz und großartigem, warmem Sopran. Schon in ihrer Auftrittsarie „O nube, che lieve“ bietet sie perlende Koloraturen und hat genug Metall in der Stimme auch für die dramatischeren Szenen. Ein Höhepunkt die fast gesprochene Beschimpfung Elisabettas als „Figlia impura di Bolena“. Berührend die Szene vor der Hinrichtung.
Diese wird verkörpert von Nadja Stefanoff, die es fertigbringt, trotz eines vollen, runden Timbres im Zusammentreffen mit der Rivalin eine eisige Kälte zu verbreiten. Es fehlt ihr ein wenig die Beweglichkeit in der Stimme und die dynamische Kontrolle.
Der bereits erwähnte Levente Páll, dem ich noch beim Wildschütz fehlende Bassschwärze attestiert habe, legt als Talbot zu laut und dröhnend los, findet aber später noch zu sehr schönen und auch leisen, berührenden Tönen. Auch Matija Meić, der am Anfang etwas knarzig aus den Ensembles herausklang, kann sich im Laufe des Abends steigern.
Schade, dass Anthony Bramall, der neue Chefdirigent des Gärtnerplatztheaters mit seinem Orchester keine wirkliche Italianitá zaubern kann. Die Ouvertüre beginnt relativ flott, aber bereits hier klingen die Trompeten unschön aufdringlich und das setzt sich durch den Abend fort. Die Balance zwischen den Instrumentengruppen stimmt nicht und vor allem in der trockenen Akustik des Gärtnerplatztheaters lässt das keinen Zauber aufkommen. Vielleicht verbessert sich das ja noch im Laufe der Aufführungen. Zu wünschen wäre es. Aber allein die Inszenierung und die Sänger sind einen Besuch wert.
Susanne Kittel-May