München/ Gärtnerplatztheater in der Reithalle: DIE PERLENFISCHER – halbszenisch – am 18.1.2017
Chor und Extrachor des Staatstheaters am Gärtnerplatz, Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz. © Thomas Dashuber
Die Perlenfischer also, Bizets Frühwerk, er war gerade mal 24, als er es schrieb, verrät das Programmheft. Eine halbszenische Aufführung hatte das Gärtnerplatztheater angekündigt, das hieß dann, dass zu Beginn, das Orchester sitzt bereits, der Chor sich rechts und links davon aufstellt, alle machen ernste, bedeutungsschwangere Gesichter. Die Ouvertüre beginnt, der Sänger des Zurga kommt herein, auch er mit feierlich-ernster Miene, die Noten in der Hand, geht er zu seinem Pult, schlägt die Noten ganz am Ende auf: aha, die Geschichte wird von Ende her erzählt. Dann blättert er nach vorne, das Spiel kann beginnen. So geht es dann weiter, manchmal stehen die Sänger hinter ihren Notenständern, manchmal bewegen sie sich frei im Raum. Alles in allem ganz gut gemacht, diese halbszenische Aufführung.
Als weiteres szenisches Element kann man die Projektionen auf die Rückwand betrachten, naiv-poetische Versatzstücke aus indischen Ornamenten dekorieren die Rückwand, werden im zweiten Teil, als der Sturm aufkommt, düster, sind aber auch dabei immer schön anzuschauen.
Die Akustik in der Reithalle ist alles andere als optimal. Das Orchester wird anscheinend verstärkt, insgesamt vier Mikrophone konnte ich zwischen den Instrumenten ausmachen. Die Sänger agierten unverstärkt, ich hatte aber nie den Eindruck, dass die Stimmen von den Orchesterklängen getragen werden, es klang vielmehr, als würden zwei Tonspuren nebeneinander herlaufen. Schade, dass man für die Aufführung dieser Oper nicht das Prinzregententheater gewählt hat.
Die Sänger: Jennifer O`Loughlin war eine Leila mit wunderbar beweglichem Sopran, die silberhellen Koloraturen Ihrer Gebetsarie glockenrein und auch für die dramatischeren Aspekte der Figur, z.B. im Duett mit Zurga, hatte sie die nötige Durchschlagkraft. Sie harmonierte wunderbar sowohl mit Lucas Krasznec (Nadir) als auch mit Mathias Hausmann (Zurga). Krasznec hat ein angenehmes, lyrisches Timbre, die exponierten Töne leicht verschattet, wenig Farben, wie das ja bei den hellstimmigen Tenören meistens der Fall ist. Er sang sehr kultiviert, besonders die Arie aus dem ersten Akt gelang ihm sehr berührend. Hausmann hat eine für einen Bariton ungewöhnlich helle Stimme, die er ebenfalls sehr kultiviert führt. Darstellerisch hat er mir von den Solisten am Besten gefallen. Der Vierte in der Solistenriege, Levente Páll, hat als Dorfältester Nourabad relativ wenig zu singen. Im ersten Teil noch etwas farblos, gewann er nach der Pause an Kontur.
Der Chor: Aufgeboten waren Chor und Extrachor des Staatstheaters am Gärtnerplatz und wie schon bei „King Arthur“ im Dezember meisterten die Damen und Herren die große und anspruchsvolle Chorpartie mit erstaunlicher Textverständlichkeit, Akkuratesse und Schönklang. Nur im Finale des 2. Aktes sind sie und das Orchester zu laut und überdecken die Sänger.
Das Dirigat: Sébastien Rouland leitet das Orchester desStaatstheaters am Gärtnerplatzzupackend und sensibel zugleich. Es ist eine Freude ihm zuzusehen, wie der die Musiker – und auch die Sänger – anspornt um ein Höchstmaß an Emotion aus ihnen herauszuholen, dann aber auch immer wieder ins Piano zurückfindet. Er arbeitet die Leuchtkraft der Partitur, die exotischen Momente aber auch die Dissonanzen wunderbar heraus, ohne je in die Trivialität oder süßliche Kitsch abzudriften, einen Gefahr, die bei diesem Werk doch relativ nahe liegt. Sehr schön: das dissonante Blech bei Leilas Schwur, Vorahnung, dass sie ihn nicht halten wird?
Ein schöner Opernabend, der in einer akustisch bessern Umgebung noch besser hätte werden können.
Susanne Kittel-May