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MÜNCHEN/ Bayerisches Staatsballett: „ROMEO UND JULIA“ – John-Cranko-Fest im Februar

13.02.2018 | Ballett/Tanz

München: Bayerisches Staatsballett: „ROMEO UND JULIA“, 12.2.2018

 John-Cranko-Fest im Februar 2018 im Münchner Nationaltheater

Vor 50 Jahren, am 23. Februar 1968, wurden mit Begegnungen in drei Farben und Gesang der Nachtigall, beide zur Musik von Igor Strawinsky, erstmals Werke des Choreographen John Cranko am Münchner Nationaltheater aufgeführt. Das nahm der Direktor des Bayerischen Staatsballetts Igor Zelensky zum Anlass, im Februar 2018 in kompakter Folge die drei großen Handlungsballette Crankos Onegin, Romeo und Julia und Der Widerspenstigen Zähmung auf das Programm zu setzen.

Nach Onegin, dem Ballett, das einige sogar für das beste Handlungsballett des 20. Jahrhunderts halten, nun Romeo und Julia zur Musik von Sergej Prokofjew. John Crankos Begeisterung für das abendfüllende Handlungsballett entzündete sich an dem 1940 in St. Petersburg erstaufgeführten Ballett „Romeo und Julia“ des russischen Choreographen Leonid Lawrowski (1905 – 1967), das auch heute noch von großen russischen Compagnien getanzt wird. Aber Cranko hat die Handlung (nach William Shakespeare) verschlankt und das Ballett genial modernisiert, indem er sich voll auf die Liebesgeschichte konzentrierte, dabei Nebenthemen mit einigen nicht zielführenden Auftritten und Ensembles wegließ und aus den Hauptpersonen Charaktere formte. Tänzerische Höhepunkte sind die beiden Liebes-Pas de deux und ästhetischer Genuss die elegant stilisierten Renaissance-Kostüme sowie die Bühnenbilder, die von zart bemalten, floralen Vorhängen bis zu authentisch wirkenden mittelalterlichen Verona-Bauten reichen (Bühnenbild und Kostüme von Jürgen Rose). Die heute in München gespielte Fassung wurde erstmals aufgeführt beim Ballett der Bayerischen Staatsoper (heute Bayerisches Staatsballett) im Nationaltheater am 12. November 1968; berichtet wird heute über die 257. Vorstellung.

Nach der Vorstellung am 9.2. mit Jonah Cook und Ksenia Ryzhkova in den Hauptrollen waren am 12.2. nun Osiel Gouneo und Ivy Amista Romeo und Julia. Ivy Amista war eine bezaubernde und sehr berührende Julia, die nach ihrem bejubelten Debüt als Tatjana ein paar Tage zuvor erneut zeigen konnte, wie sehr sie ihre Cranko-Rollen verinnerlicht hat und wie stilsicher und hingebungsvoll sie Cranko tanzt. Ihr Romeo Osiel Gouneo war ihr ein sicherer Partner, was sehr viel heißt bei den schwierigen, leidenschaftlichen Pas de deux dieses Balletts! Leider konzentrierte er sich ansonsten wohl sehr auf seinen eigenen Tanz, der wie immer durch Kraft und Geschmeidigkeit glänzte, worunter aber die gefühlsmäßige Interaktion mit Julia und den anderen Bühnenpartnern etwas zu leiden schien. John Cranko hat die Partie von Romeos Freund Mercutio gegenüber dem Lawrowski-Romeo tänzerisch aufgewertet, was die Auseinandersetzung zwischen den Häusern Montague und Capulet noch spannender macht. Javier Amo war ein technisch guter, spielfreudiger und sehr sympathischer Mercutio, dessen Tod im Duell mit dem grimmen Tybald man sehr bedauerte. Diesen Tybald, Julias Cousin, der die Ehre des Hauses Capulet bewacht und in Crankos Version eventuell ein mehr als verwandtschaftliches Verhältnis mit Julias Mutter pflegt, tanzte Erik Murzagaliyev elegant und eindringlich. In den kleineren, aber für ein Handlungsballett ebenfalls wichtigen Rollen sah man Dmitrii Vyskubenko als Romeos Freund Benvolio, Matteo Dilaghi als Graf Paris und die Elternpaare Capulet mit Norbert Graf und Séverine Ferrolier und Montague mit Stefan Moser und Ekaterina Bondarenko. Keine Romeo-Vorstellung möchte man sehen ohne die Amme von Elaine Underwood und den Pater Lorenzo bzw. Herzog von Verona von Peter Jolesch; beide geben der Aufführung immer einen unverwechselbaren Charakter! Eine kleine Überraschung enthielt der Besetzungszettel noch: In der kleinen, aber hoch elegant dargebotenen Rolle der Rosalinde steckte Solistin Prisca Zeisel, sonst gewöhnlich Interpretin großer Ballerinen-Rollen. Die Markt- und Duellszenen leben von dem präzisen Tanz und fröhlichen Spiel des Corps de Ballet und dem akrobatischen Auftritt des Faschingsprinzen (Jinhao Zhang) und seiner Clowns.

Ein großes Lob für den litauischen Dirigenten Robertas Šervenikas und das Bayerische Staatsorchester, das ich meine, in einer Ballett-Aufführung noch nie so gut habe spielen hören! Großer Beifall eines begeisterten Publikums am Rosenmontag-Abend.

Helga Schmöger

 

 

 

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