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MÜNCHEN/ Bayerisches Staatsballett: RAYMONDA. Wiederaufnahme

02.06.2018 | Ballett/Tanz

München: Bayerisches Staatsballett: „RAYMONDA“, 01.06.2018

Acht Jahre lang hatte das Bayerische Staatsballett seine „Raymonda“– Produktion von Ray Barra nach Marius Petipa ruhen lassen bevor sie Ende Mai wieder aufgenommen wurde. Nach der langen Pause konnte das Münchner Publikum diesen Ballettklassiker wieder neu entdecken. Ray Barra hat die einfache, den Tanz eher umrahmende originale Handlung emotional verdichtet, indem er Raymonda als Frau zwischen zwei Männern, dem tapferen, aber zunächst etwas kühlen Ritter Jean de Brienne, und dem erotischen, leidenschaftlichen Kalifen von Cordoba, Abderakhman, zeigt. Gleichzeitig hat Barra dadurch auch die Rolle des Abderakhman tänzerisch aufgewertet, so dass es neben der glanzvollen Ballerinenrolle der Raymonda zwei erste männliche Partien gibt. Dem Bayerischen Staatsballett mit seinen vielen hervorragenden Solisten, fällt es nicht schwer, mehrere Besetzungen zusammenzustellen. Am 01.06. tanzte Lauretta Summerscales die Raymonda. Sie meisterte die Partie, die zu den anspruchsvollsten im klassischen Ballett gehört, nahezu spielerisch. Alle sieben Variationen tanzte sie technisch hoch souverän und brachte deren unterschiedlichen Charaktere deutlich und stilsicher zum Ausdruck. Dazu begeisterte Lauretta Summerscales das Publikum mit ihrer frischen und sympathischen Ausstrahlung. Eine nahezu perfekte Interpretation der Titelpartie! Einzig der Glamourfaktor war ein wenig zu niedrig für diesen üppigen, russischen Ballettklassiker. Lauretta Summerscales fehlte ein wenig die Grandezza und die bühnenbeherrschende Selbstsicherheit, die vor allem den Grand Pas Hongrois am Ende zu einem atemberaubenden Erlebnis hätten machen können. Ihr Partner als Jean de Brienne war Dmitrii Vyskubenko, der –obwohl erst Anfang 20- beim Bayerischen Staatsballett schon in einigen Solorollen sein tänzerisches Können gezeigt hat. So auch an diesem Abend. Technisch hatte er mit seiner Partie ebenfalls keinerlei Schwierigkeiten. Es machte große Freude, seinen hohen, kraftvollen und dennoch leicht wirkenden Sprüngen, seinen makellosen Pirouetten und seiner souveränen Partnerarbeit zuzusehen. Nie hatte man bei ihm das Gefühl, es könne irgendetwas schief gehen, obwohl er erst am Vortag sein Debut in dieser Partie gegeben hatte. Als einer der wenigen Tänzer des Jean de Brienne beim Bayerischen Staatsballett beherrschte er die anspruchsvolle, aber hochelegante Variation im Grand Pas Hongrois so souverän, dass er den ungarischen Stil der Choreographie voll deutlich machen konnte. Ein wenig könnte auch Vyskubenko noch an seinem Glamourfaktor arbeiten, sonst war es aber eine hervorragende Vorstellung von ihm.

Auch Yonah Acosta konnte als Abderakhman voll und ganz überzeugen. Mit seiner intensiven, exotischen und erotischen Ausstrahlung zog er das Publikum von der ersten Sekunde seines Auftretens an ihn seinen Bann. Dabei lief er nie Gefahr, zu übertreiben und damit ins Ordinäre abzurutschen, sondern all seine Bewegungen waren von großer Eleganz und im Zaum gehaltenen Feuer geprägt. Seine spektakulären, hohen und extrem leicht vorgetragenen Sprünge ließen die Zuschauer den Atem anhalten. Kristina Lind zeigte als „Weiße Dame“, dass sie eine hervorragende lyrische Ballerina ist. Es war ein Genuss, ihren fließenden ports des bras und ihrem wunderschönen Legato-Tanz zuzusehen.

Aber nicht nur die vier Hauptpartien, auch alle anderen Solopartien waren hervorragend besetzt. Prisca Zeisel und Elvina Ibraimova zeigten als Clémence und Henriette in ihren Variationen ihre große tänzerische Klasse, ebenso Jonah Cook und Jan Špunda als Béranger und Bernard. Das Corps de ballet, insbesondere auch das der Männer hat unter der Direktion von Igor Zelensky stark an Qualität gewonnen, so dass es eine Freude ist, den verschiedenen Gruppentänzen und halbsolistischen Variationen, insbesondere den vier Begleitern von Abderakhman und der Männervariation im Grand Pas Hongrois zuzusehen. Michael Schmidtsdorff leitete das gut aufgelegte Bayerische Staatsorchester. Das Publikum bedankte sich mit begeistertem Applaus bei allen Mitwirkenden für die mitreißende Vorstellung!

Gisela Schmöger

 

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