München: Bayerisches Staatsballett: „ONEGIN“, 13.03.2015:
Die Vorstellung von „Onegin“ am 13.03. stand unter schwierigen Vorzeichen: Wegen eines Warnstreiks im öffentlichen Dienst konnte das Bühnenbild nicht aufgebaut werden. Gott sei Dank hatte das Bayerische Staatsballett die Dekoration für ein Gastspiel in einem kleineren Theater schon einmal abfotografiert, so dass das Bühnenbild als Foto in den Bühnenhintergrund projiziert werden konnte. Damit mussten die Tänzer wenigstens nicht in einem total schmucklosen Raum agieren. Die Protagonisten ließen sich von dieser Unannehmlichkeit jedoch nicht beeinflussen.
Vor allem nicht Daria Sukhorukova als Tatjana. Für sie war es nicht nur das Rollendebut als Tatjana, sie hatte bisher noch nie eine Cranko-Partie getanzt. Beides wollte man angesichts ihrer ausgefeilten Interpretation allerdings kaum glauben. In den ersten beiden Akten war sie ganz das introvertierte, empfindsame Mädchen, das ihre erste tiefe Liebe dem faszinierenden Großstädter Onegin schenkt, von ihm allerdings bitter enttäuscht wird. Den Übergang zur erwachsenen Frau mit starker Persönlichkeit konnte man deutlich wie selten sehen, als Tatjana Onegin unmittelbar nach dem Duell gegenübertritt und ihm die moralische Verwerflichkeit seines Tuns vor Augen führt. Ein wirklich bemerkenswertes Debut. Lediglich den Schluss Pas de Deux könnte sie noch ein wenig emotionaler gestalten und sich Onegin ein wenig mehr öffnen, damit das Drama dieser verlorenen Liebe vollends zur Geltung kommt. Der zweite Debütant des Abends, Matej Urban als Onegin, konnte mit Daria Sukhorukova nicht ganz mithalten. Er konzentrierte sich hauptsächlich auf die Ausführung der Schritte und legte weniger Wert auf die Interpretation. Dadurch gelangen die Pas de Deux mit Tatjana zwar recht sicher und flüssig und auch seine solistischen Passagen sahen elegant und fließend aus. Von dem Titelhelden hätte man allerdings doch ein wenig mehr schauspielerisches Engagement erwartet. Wahrscheinlich wird sich Urban aber in weiteren Vorstellungen deutlich steigern und schließlich doch noch zu einem überzeugenden Rollenportrait finden, so wie es ihm in der letzten Saison auch mit der Rolle des Theseus/Oberon im Sommernachtstraum gelungen ist. Ivy Amista war einmal mehr eine technisch brillante, liebreizende Olga. Javier Amo tanzte die Rolle des Lenski zwar sehr virtuos, den romantischen, gefühlsbetonten Dichter konnte er jedoch nicht überzeugend darstellen. So wird vor allem das Solo vor dem Duell eher eine souveräne Vorführung technischer Schwierigkeiten als der tieftraurige Abschied vom Leben, der eigentlich dargestellt werden soll. Maxim Chashchegorov, eigentlich viel zu jung für die Rolle des gesetzten Fürsten Gremin, bot dank seiner eleganten Allüre und seiner guten Partnerarbeit eine überzeugende Leistung. Myron Romanul leitete das Bayerische Staatsorchester, das die Partitur ziemlich schmissig und eher unsensibel darbot. Insgesamt war es dank der hervorragenden Daria Sukhorukova und der genialen Chroeographie von John Cranko eine lohnende Vorstellung.
Gisela Schmöger